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Kommentar Eurokrise in den NiederlandeEin zweites Spanien?

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Norden gut, Süden schlecht – dieses simple Schema der Eurokrise gilt nicht mehr. Ausgerechnet die Niederlande haben abgewirtschaftet.

I n der Eurokrise haben wir uns an Schwarz-Weiß-Malerei gewöhnt: im Süden die sündigen Schuldenländer, im Norden die tugendhaften Sparmeister. Und mittendrin das alles beherrschende Deutschland, das mit den Nordländern gemeinsame Sache macht und einen harten Sparkurs für ganz Europa durchsetzt.

Doch dieses simple Schema gilt nicht mehr. Ausgerechnet der wichtigste deutsche Verbündete steht auf der Kippe: die Niederlande. Die Regierung in Den Haag, die mit dem Rechtspopulisten Geert Wilders gemeinsame Sache machte, hat abgewirtschaftet. Bei der Wahl am 12. September deutet sich ein politischer Erdrutsch an.

Nach den letzten Umfragen liegen die Sozialisten vorn - und deren Parteichef Emile Roemer sagt Dinge, die man in Berlin gar nicht gern hören wird. Er will nicht nur die EU-Sparvorgaben lockern und erreichen, dass die Niederlande zwei Jahre Aufschub erhalten. Statt wie bisher geplant 2013 will er das Budgetdefizit erst 2015 unter die Drei-Prozent-Marke drücken.

Der Autor

ERIC BONSE ist Korrespondent der taz in Brüssel.

Roemer kündigte zudem an, dass er sich über mögliche EU-Strafen wegen der Verfehlung des Defizitziels hinwegsetzen will. „Nur über meine Leiche“, sagte er in einem Zeitungsinterview, die angedrohten Sanktionen seien „lächerlich“. Das passt so gar nicht zum Klischee des sparsamen Holländers, und noch weniger zur deutschen Spardoktrin.

Dabei hat der Mann recht. Es wäre in der Tat sinnlos, den Niederlanden neue Sparprogramme aufzuzwingen, um den Drei-Prozent-Fetisch zu bedienen. Denn das Land, das Deutschland mit seinem „Poldermodell“ lange als Vorbild galt, steckt in einer tiefen Krise. Holland ist in die Rezession gerutscht, neue Streichorgien würden sie nur verschärfen.

Die Lage erinnert an Spanien vor zwei Jahren: ähnlich wie die Spanier leiden die Niederländer unter einer Immobilien- und Bankenkrise. Ähnlich wie vor zwei Jahren in Madrid ist die Lage in Den Haag zwar ernst, aber nicht hoffnungslos. Noch können die Holländer den Fehler der Spanier vermeiden, sich durch prozyklische Austeritätspolitik kaputtzusparen. Doch in Berlin will man davon nichts wissen. Nach einem Kurzbesuch in Den Haag lobte Wirtschaftsminister Philipp Rösler den „gemeinsamen deutsch-niederländischen Kurs“. Dass es genau dieser Kurs ist, der der die Eurozone in den Abgrund führt, hat der FDP-Mann immer noch nicht begriffen.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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5 Kommentare

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  • K
    Klaus

    Und wenn wir schon bei der Schwarz-Weiß-Malerei sind macht der Autor auch gleich mit.

     

    Die SP liegt zwar in Umfragen vorne, aber erreicht dennoch "nur" 37/150 Sitzen im Parlament. Die PvdA (in der Umfrage 17 Sitze) hat angedeutet, dass das Budgetdefizit nicht umbedingt 2013 unter die 3%-Marke gedrückt werden müsste. Und dieses vorsichtige Vorgehen der PvdA heißt noch lange nicht dass sie auch einverstanden sind sich über mögliche EU-Strafen wegen der Verfehlung des Defizitziels hinwegzusetzen.

     

    Also ich würde hier vorsichtig sein, denn ich sehe "den wichtigsten deutschen Verbündeten" nicht wirklich "auf der Kippe". In einer Demokratie braucht man (meistens) eine Mehrheit im Parlament. Also würde ich eher bis nach den Koalitionsverhandlungen warten...

  • O
    Ockum

    Roemer hat übrigens sine Aussage "over my dead body" inzwischen nivelliert. Alle Augen sind auf den 12en September gerichtet. Dass die PvdA sich mehr und mehr der SP nähert ist logisch. Diederik Samsom will gerne aufs Regierungsplüsch.

  • K
    Klaus

    Und wenn wir schon bei der Schwarz-Weiß-Malerei sind macht der Autor auch gleich mit.

     

    Die SP liegt zwar in Umfragen vorne, aber erreicht dennoch "nur" 37/150 Sitzen im Parlament. Die PvdA (in der Umfrage 17 Sitze) hat angedeutet, dass das Budgetdefizit nicht umbedingt 2013 unter die 3%-Marke gedrückt werden müsste. Und dieses vorsichtige Vorgehen der PvdA heißt noch lange nicht dass sie auch einverstanden sind sich über mögliche EU-Strafen wegen der Verfehlung des Defizitziels hinwegzusetzen.

     

    Also ich würde hier vorsichtig sein, denn ich sehe "den wichtigsten deutschen Verbündeten" nicht wirklich "auf der Kippe". In einer Demokratie braucht man (meistens) eine Mehrheit im Parlament. Also würde ich eher bis nach den Koalitionsverhandlungen warten...

  • HP
    Homo Politicus

    Vielleicht hat der Roesler das durchaus begriffen. Vielleicht soll die Krise ja nicht gelöst, sondern verschäft werden. Um sozusagen einen "Schockzustand" herbeizuführen, in dem dann "Reformen" gemacht werden können, die sonst niemals möglich wären. Dann könnte das Kapital endlich auch im sozialstaatlichen Europa im großen Stil zum Vorteile weniger auf Kosten aller anderen privatisieren. Vorbild USA läßt grüßen.

     

    (Und im übrigen bin ich der Meinung: die neoliberale Denke gehört zerstört)

  • E
    Elikal

    "Das Problem mit dem Sozialismus ist, dass einem irgendwann das Geld anderer Leute ausgeht."

    - Maggie Thatcher