Kommentar Erneuerbare-Energien-Gesetz: Feindliche Übernahme
Wenn Koalitionspolitiker eine Reform der EEG-Umlage fordern, ist das okay. Aber nicht ihre Intention. Sie wollen den Bürgern die Energiewende aus der Hand nehmen.
I m Oktober 2012 geht nach dem Kalender der Energiewende die Welt unter. Weil es in der öffentlichen Debatte gerade so choreografiert wird, kommt es auch so. Im Oktober wird bekannt, wie hoch die EEG-Umlage künftig sein wird, der Obolus also, den die Verbraucher mit ihrer Stromrechnung zahlen, um die Energie etwa aus Solar- oder Windanlagen zu finanzieren.
Er wird steigen, von 3,59 Cent auf mindestens 5 Cent pro Kilowattstunde, so viel ist klar. Genug, um die Energiewende für alles Leid dieser Welt verantwortlich zu machen. Tatsächlich munitioniert sich das politische Berlin gerade für diese Zeit. Teile von Union und FDP trimmen die Öffentlichkeit auf Kostenempörung, um die Energiewende in ihrem Sinne umzugestalten.
Wohlgemerkt: Es ist nicht grundsätzlich falsch, wenn Philipp Rösler oder Günther Oettinger eine Reform des EEG fordern. Das zeigt exemplarisch das Gutachten der Textilindustrie zur EEG-Umlage. Der These, sie sei verfassungswidrig, muss man sich nicht anschließen.
ist Redakteur im Ressort Wirtschaft und Umwelt der taz.
Im Kern zeigt das Papier die richtigen Missstände auf: eine gewaltige Gerechtigkeitslücke bei der Finanzierung der erneuerbaren Energien – nicht nur zwischen Wirtschaft und privaten Haushalten, sondern auch innerhalb der Wirtschaft. Momentan bekommen Teile der Industrie Milliarden von Euro erlassen, zulasten anderer.
Grundfalsch ist allerdings die Intention, mit der die EEG-Reform gefordert wird. Bürger, die ihre Energie selbst produzieren? Die Marktmacht der Energiekartelle aufbrechen, Demokratisierung der Energieversorgung? Das ist für Rösler und Co. irgendwie Hippiequark. Ihre Vorstellung würde den Bürgern die Energiewende aus der Hand nehmen – das Feld den alten Konzernen überlassen. Dann lieber steigende Strompreise.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“