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Kommentar ErdoganSchwieriger Generationswechsel

Jürgen Gottschlich
Kommentar von Jürgen Gottschlich

Für den türkischen Regierungschef Erdogan ist das Ende als Ministerpräsident und Parteichef in Sicht. Der AKP stehen unruhige Zeiten bevor.

M it dem 4. Parteitag der AKP schließt und beginnt in der Türkei eine neue Ära. Nach zehn Jahren als Regierungschef ist für Recep Tayyip Erdogan das Ende als Ministerpräsident und Parteichef in Sicht. Nicht weil er Angst haben müsste, die nächsten Parlamentswahlen zu verlieren, und erst recht nicht, weil er von innerparteilicher Konkurrenz bedroht wäre.

Sondern weil die AKP in ihren Statuten festgelegt hat, dass für jeden Funktionär nach drei Legislaturperioden Schluss ist. Deshalb wird Erdogan nicht noch einmal für den Posten des Ministerpräsidenten kandidieren und deshalb werden mehr als 70 Parlamentarier der Partei mit dem Ende der Legislaturperiode ebenfalls aus dem Parlament verschwinden.

In der türkischen Regierungspartei, die das Land mit überwältigender Mehrheit dominiert, steht deshalb ein schwieriger Generationswechsel bevor. Die Führungsgremien der Partei müssen erneuert werden, Erdogan muss seine Nachfolge vorbereiten. In seiner Grundsatzrede vor dem Parteitag blieb er jedoch trotz drei Stunden Redezeit wolkig und allgemein.

Bild: taz
Jürgen Gottschlich

ist Türkei-Korrespondent der taz.

Jeder weiß, dass Erdogan nicht die Absicht hat, sich zur Ruhe zu setzen, sondern 2014 zum Präsidenten gewählt werden will. Doch dazu sagte er nichts. Mit Numan Kurtulmus hat er vor einigen Wochen einen möglichen Nachfolger aus dem Hut gezaubert, doch auch dazu gab es auf dem Parteitag keine Debatte.

Diese mangelnde innerparteiliche Demokratie der AKP betrifft aber nicht nur die Partei, sondern das ganze Land. Weil über die Nachfolge von Erdogan als Parteichef nicht offen diskutiert wird und weil niemand genau weiß, ob der amtierende Präsident Abdullah Gül den Präsidentensessel widerspruchslos für Erdogan räumen wird, entsteht eine große Unsicherheit. Zerfleischt sich die AKP, stehen der Türkei turbulente Zeiten ins Haus.

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Jürgen Gottschlich
Auslandskorrespondent Türkei
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1 Kommentar

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  • R
    reorient

    Warum wird hier der Eindruck erweckt, dass ein die Amtszeit des (Minister-)Praesidenten limitierendes Statut der Regierungspartei auf ein allgemeines Demokratiedefizit des "ganzen" Landes verweise? In Deutschland haben wir nicht einmal eine solche Limitierung, weder freiwillig noch dem Gesetze nach, in Russland wird sie umgangen. Insofern ist diese Selbstbegrenzung doch wohl eher als demokratisches Moment zu werten, in dem die Tuerkei einigen Laendern voraus ist.

    Dass die AKP nach innen hin in vielem moeglicherweise undemokratisch ist, moechte ich gar nicht ausschliessen. Allein jedoch, wieso schliesst dies der Autor aus dem Nicht-Stattfinden einer Nachfolgedebatte auf dem juengsten Parteitag? Auch Politiker und Parteien europaeischer Laender waehlen Zeitpunkt und Rahmen einer Nachfolgedebatte strategisch aus.