Kommentar Entführung am Ararat: PKK verspielt letzte Sympathie
Wenn die PKK deutsche Bergsteiger entführt und die Bundesregierung erpresst, tut sie sich selbst damit keinen Gefallen. Und sie schadet dem kurdischen Anliegen.
D ie Forderung der PKK nach einem Politikwechsel in Deutschland ist so absurd, dass man kaum glauben mag, dass es sie gibt. Wie bitte schön soll ein Politikwechsel aussehen, der zur Freilassung der deutschen Geiseln führt? Soll die Bundesregierung ihre diplomatischen Beziehungen zur Türkei abbrechen? Soll sie sich für einen unabhängigen kurdischen Staat einsetzen? Oder reicht es, wenn sie das seit 1993 in der Bundesrepublik bestehende Verbot der PKK aufhebt?
Jürgen Gottschlich ist taz-Korrespondent in Istanbul
Wie immer in solchen Fällen wird die Bundesregierung öffentlich bekunden, sich durch Entführer nicht erpressen zu lassen. Sie wird hinter den Kulissen nach Wegen suchen, wie ein Deal zur Freilassung der Verschleppten ausgehandelt werden kann. Schließlich gibt es unterhalb der von der PKK aufgerichteten Hürde eine ganze Menge an Verhandlungsspielraum. So sitzen etliche verurteilte PKK-Mitglieder in deutschen Gefängnissen. Man kann über Hafterleichterungen reden, auch über vorzeitige Entlassungen. Über die Legalisierung PKK-naher Vereine ließe sich sprechen, ebenso wie über Wolfgang Schäubles Betätigungsverbot für den PKK-nahen Sender Roj-TV. Zu alledem braucht die Bundesregierung keine komplizierten Vermittlungswege. Es gibt in Deutschland genügend Mitglieder der kurdischen Guerilla, über die verhandelt werden könnte.
Doch selbst wenn es der PKK gelingen sollte, hinter den Kulissen die eine oder andere Forderung durchzusetzen: Perspektivisch hat sich die Organisation keinen Gefallen getan. Bislang gibt es in Deutschland immer noch Vorbehalte, ob die PKK tatsächlich als terroristische Organisation eingestuft werden muss. Diese Vorbehalte dürften sich mit der Geiselnahme erledigt haben. Die türkische Regierung kann nun künftig in ihrem Kampf gegen die PKK mit mehr Verständnis in Berlin rechnen. Darüber hinaus wird die Türkei ihren Druck auf die dänische Regierung erhöhen, um das aus Kopenhagen sendende Roj-TV endgültig zum Schweigen zu bringen. Mit ihren Anschlägen auf zivile Ziele in der Türkei hat die PKK ihren Kredit bei dem größten Teil der türkischen Linken verloren. Jetzt verspielt sie mit den Entführungen die Sympathie für das kurdische Anliegen in Deutschland.
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