Kommentar Elterngeld: Redet über eure Rollen!
Männer und Frauen müssen über die Familienarbeit rechtzeitig verbindlich verhandeln.
E s ist eine Hoffnung: Nach Plänen aus dem Familienministerium können sich Väter und Mütter künftig gleichzeitig in Elternzeit begeben - und zwar bis zu 14 Monate lang. Dabei beziehen sie anteilig Elterngeld und haben so die Möglichkeit, Teilzeitarbeit und Kinderbetreuung untereinander besser abzustimmen. Bisher kann ein Paar nur sieben Monate lang parallel Elterngeld beziehen und Teilzeitjobs ausfüllen. Die geplante neue Flexibilität klingt gut und erfreut die Väterbüros. Die Frage ist nur, welche Väter solche Optionen tatsächlich umsetzen in Zeiten des verschärften Konkurrenzkampfes auf dem Jobmarkt.
Barbara Dribbusch ist Inlandsredakteurin der taz.
Nicht nur Frauen, sondern auch Männer leiden heute unter einer widersprüchlichen Hydraulik, wenn es darum geht, soziale Rollen auszufüllen und auszuhalten. So müssen Väter mehr Familienarbeit übernehmen, weil ihre Partnerinnen den Anschluss im Job nicht verpassen dürfen. Das neue Unterhaltsrecht betont die wirtschaftliche Eigenverantwortung der Frau. Dabei genügt es heute nicht mehr, nur für die Gegenwart zu sorgen - das Entgelt sollte möglichst auch noch ausreichen, etwas private Altersvorsorge anzusparen.
Unser Job- und Entlohnungssystem ist aber hierarchisch aufgebaut: Nur wer aufsteigt, verdient mehr. Doch alles, was nach "Führung" aussehen soll, verlangt vielerorts eine ausgewalzte zeitliche Präsenz, weil sich mit dem Chefsein immer noch patriarchale Vorstellungen über eine "Vorbildfunktion" verbinden. Dieses Drucksystem stresst Männer.
Von widersprüchlichen Rollenerwartungen können Frauen aber schon länger ein Liedchen singen. Die Geschlechter nähern sich in ihrer seelischen Verwundbarkeit also einander an. Sie müssen darüber sprechen und über die Familienarbeit rechtzeitig - also zum Zeitpunkt ausgeglichener Machtverhältnisse - verbindlich verhandeln. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Egal, welche Optionen der Gesetzgeber noch schafft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs