Kommentar EU-Personal: Frau aus Finnland, Mann aus Berlin
Nicht, dass es keine PolitikerInnen mit Vision und Charisma für die neuen EU-Posten gäbe. Tanja Halonen und Joschka Fischer böten sich an. Aber die passen nicht ins Konsensschema.
Alle, die dem Projekt Europa mehr Aufmerksamkeit wünschen, sind sich einig: Es fehlt an charismatischen Gesichtern, die es leichter machen würden, wieder Enthusiasmus für den Koloss EU zu entwickeln. Genau diese Absicht führte einst zu der Idee, die Posten einer Vorsitzenden des Europäischen Rates und einer Außenministerin neu zu schaffen. Doch betrachtet man die Namen, die dafür nun im Gespräch sind, könnte man zu dem Schluss gelangen, dass es PolitikerInnen mit Vision und Charisma und einem guten Netz internationaler Kontakte in Europa nicht gibt.
Doch das stimmt nicht. Die finnische Staatspräsidentin Tarja Halonen zum Beispiel gäbe eine gute Ratspräsidentin ab. Sie stammt aus dem kleinen Finnland und könnte damit eines der europäischen Markenzeichen verkörpern: den Schutz von Minderheiten. Außerdem ist sie eine Frau: Das steht für den Respekt für Mehrheiten und die engagierte Gleichstellungspolitik der EU. Sie ist schon jetzt politisch gut vernetzt - und wer sie noch nicht kennt, würde sie als neue EU-Ratspräsidentin kennenlernen wollen.
Auch geeignete Außenministerkandidaten gibt es. Joschka Fischer hat in einem großen Mitgliedsland gezeigt, dass er das Handwerk beherrscht. Er hat in vielen Aufsätzen und Reden bewiesen, dass er sich Gedanken über Europas Zukunft macht. Er verfügt über ausgezeichnete Kontakte aus seiner siebenjährigen Amtszeit, vor allem in die USA. Er stammt zwar aus dem größten Mitgliedsland. Doch dass er einer kleinen Oppositionspartei angehört, macht diesen Makel wieder wett.
Leider steht fest, dass diese beiden Kandidaten das Rennen nicht machen werden. Denn sie haben das falsche Parteibuch, die falsche Staatsangehörigkeit oder eine fatale Neigung zur Ehrlichkeit. Schade für Europa.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen