Kommentar EU-Masterplan: Brüssel will aufrüsten

Der neue Masterplan zur Lösung der Krise kann nicht funktionieren. Er bringt uns nicht weiter. Ganz im Gegenteil: Er wirft die EU wieder weit zurück.

Mehr Europa, das klingt weltoffen und viel versprechend. Mehr Europa, das war bisher auch der Schlachtruf der Bundesregierung, wenn es um die Lösung der Eurokrise ging. Brüssel müsse mehr Kompetenzen erhalten, um die Krise in den Griff zu bekommen, verkündeten Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble bei jeder Gelegenheit.

Doch nun hat die Formel ihren Zauber verloren. Zwar haben vier EU-Chefs unter Leitung von Ratspräsident Van Rompuy gerade einen Masterplan für die Lösung der Krise vorgelegt. Mehr Europa scheint dabei auch ihr Motto zu sein. Doch was sie empfehlen, bringt uns der Lösung der Krise kein Stück näher. Im Gegenteil: Es wirft die EU noch weiter zurück.

Das fängt schon mit der Methode an. Die EU-Chefs haben ihren Reformplan im stillen Kämmerlein ausgearbeitet und wollen ihn von oben herab verordnen. Zum Thema Demokratie fällt ihnen nicht viel ein – außer, dass sie irgendwie wichtig ist. Das schafft kein Vertrauen und noch weniger Legitimität. Mehr Europa haben wir uns anders vorgestellt.

Auch die Vorschläge sind nicht überzeugend. Auf die akute Krise in Griechenland, Spanien und Zypern gehen Van Rompuy und Co. erst gar nicht ein. Aus dem Scheitern der Sparpolitik ziehen sie keine Konsequenzen, sondern verordnen noch mehr Austerität und Disziplin: Künftig soll Brüssel allzu expansive Haushaltspläne schlicht einkassieren können. Das läuft auf einen massiven Machtgewinn für Brüssel hinaus – und auf eine Entmachtung der nationalen Parlamente.

ist Brüssel-Korrespondent der taz.

Das wäre vielleicht noch hinnehmbar, wenn wir die Brüsseler Exekutive selbst wählen und uns zwischen verschiedenen Programmen entscheiden könnten. Eine demokratisch legitimierte Wirtschaftsregierung wäre ein großer Fortschritt.

Doch von Wahl ist im EU-Masterplan nicht die Rede, dafür umso mehr von Disziplin, Kontrolle und Wettbewerbsfähigkeit. Gewiss, Van Rompuy & Co. schlagen auch gemeinsame Schuldenprogramme und eine gemeinsame Haftung für marode Banken vor. Dies soll aber erst dann eingeführt werden, wenn ganz Europa nach neoliberalen Rezepten durchreformiert wurde. Doch die Eurozone hat nicht mehr die Zeit, auf langwierige und fragwürdige Reformen zu warten. Ohne Euro wird es auch Europa nicht mehr geben.

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Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog

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