piwik no script img

Kommentar EU-AktionsplanDie Kommission kneift

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Der Aktionsplan der EU-Kommission gegen die zunehmenden Antibiotikaresistenzen taugt nicht. Die notwendigen Schritte lässt die Behörde einfach weg.

Z u vage, zu spät - der Aktionsplan der EU-Kommission gegen die zunehmenden Antibiotikaresistenzen ist kein Ruhmesblatt. Seit Jahren warnen Wissenschaftler davor, dass immer mehr Bakterien sich nicht mehr mit Medikamenten bekämpfen lassen.

Schuld ist auch die Landwirtschaft, die Antibiotika in Massenställen einsetzt und so die Wahrscheinlichkeit von Resistenzen erhöht. Schon jetzt töten widerstandsfähige Bakterien in Europa jährlich Tausende Menschen. Doch Brüssel kneift jedes Mal, wenn es konkret wird im Kampf gegen dieses Problem.

Beschränkungen für den nicht vorschriftsgemäßen Einsatz in der Tierhaltung von für den Menschen besonders wichtigen Antibiotika will die Kommission laut ihrem Aktionsplan nur "erwägen".

Jost Maurin

ist Redakteur im Ressort Ökologie und Wirtschaft der taz.

Was, bitte sehr, gibt es da noch zu erwägen - wenn doch längst klar ist, dass massenhaft Antibiotika regelwidrig verabreicht werden, etwa in der Hähnchenmast?

Die wirklich notwendigen Schritte lässt die mächtige Brüsseler Behörde in ihrem Papier weg. So ist es zum Beispiel ein Missstand, dass in Deutschland Tierärzte Antibiotika nicht nur verschreiben, sondern auch gleich selbst verkaufen.

Im Interesse der Gesundheit sollten sie so wenig wie möglich verschreiben. Aber sie verdienen mehr, wenn sie mehr Antibiotika verkaufen. Brüssel könnte vorschlagen, dieses System in der ganzen Europäischen Union zu verbieten.

Nötig wäre auch - wie es etwa der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland fordert -, endlich festzulegen, um wie viel Prozent der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung gesenkt werden soll. Auch hier könnte die Kommission in Brüssel konkrete Zahlen vorschlagen.

Schließlich muss verboten werden, gesunden Tieren Antibiotika zu verabreichen. Das ist in der Agrarindustrie, wo Zehntausende Hühner in einem Stall gehalten werden, tägliche Praxis. Schade, dass auch dieses Verbot im Aktionsplan der Kommission nicht einmal erwähnt wird.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • KI
    Köttner Ich

    Daß es zumindest eine alternative Methode gibt, den präventiven Antibiotikaeinsatz in der Tierzucht wirksam gegen Null zu bringen ist bekannt. D. h. im europ. Ausland. In Belgien, in Holland wird mit großem Erfolg probiotische Reinigungsverfahren eingesetzt. Umweltfreundlich, gesund auch für das Personal.

    Ein Video findet man auf www.chrisal.be. Aber: in Deutschland interessiert das niemand!!

    Gleiches gilt für das Ursprungsprodukt für die Reinigung von Krankenhäusern und Altenheimen zur Verringerung von MRSA-Bakterein (-80%) schon ab dem ersten Tag. Ohne umweltschädliche Desinfektion.

    Dabei gibt es Studien und Zerfikaten aus vielen Ländern. Nur in Deutschland interessiert es höchstens Arztpraxen und umweltbewußte Haushalte.

    Merkwürdig.