piwik no script img

Kommentar DrohnenkriegKeine Strafverfolgung mit Raketen

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Politisch und rechtlich dürfte der Drohnenkrieg den Amerikanern noch jede Menge Ärger bereiten.

D ie USA führen einen Drohnenkrieg in Afghanistan und im Norden Pakistans. Effizient, preisgünstig und relativ gefahrlos werden Kommandanten und wichtige Kader der Aufständischen ausgeschaltet. Militärisch ist das Konzept erfolgreich. Politisch und rechtlich dürfte der Drohnenkrieg den Amerikanern aber noch jede Menge Ärger bereiten - nicht nur in Pakistan, sondern auch in Deutschland.

In Pakistan werden die Drohnenangriffe zunehmend als Verletzung der Souveränität des Landes gesehen. Groß ist die Empörung vor allem, wenn dabei Unbeteiligte, etwa Kinder, sterben. Zwar haben die Amerikaner vermutlich eine Genehmigung der pakistanischen Regierung für Einsätze im Grenzgebiet zu Afghanistan. Doch die Regierung in Islamabad steht nicht dazu, deshalb ist der politische Schaden groß.

Vorige Woche wurden erstmals wohl auch deutsche Staatsbürger bei US-Drohnenangriffen im Norden Pakistans getötet. Diese hatten sich der Gruppe Islamische Bewegung Usbekistan angeschlossen. Das wirft weitere Fragen auf: Handelte es sich hierbei um zulässige militärische Auseinandersetzungen, oder liegt hier eine außergesetzliche Hinrichtung vermeintlicher Terroristen vor? Wurden die Deutschen gezielt getötet, oder war ihr Tod "nur" ein Kollateralschaden beim Angriff auf andere Ziele? Völkerrechtlich erlaubt ist tödliche militärische Gewalt nur im Rahmen bewaffneter Konflikte, also von Kriegen und Bürgerkriegen. Wer dagegen Terroristen, die nicht Teil der Kämpfe sind, einfach mit Raketen umbringt, begeht ein Kriegsverbrechen. So sehen das jedenfalls europäische Völkerrechtler.

taz

CHRISTIAN RATH ist rechtspolitischer Korrespondent der taz. Er lebt und arbeitet in Freiburg.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe sollte nun also schnell den Tod der Deutschen untersuchen. Die Bundesanwälte müssen dabei nicht nur den Status der Islamischen Bewegung Usbekistan klären, sondern auch, welche Funktion die deutschen Islamisten hatten. Eine Vorbereitung von Anschlägen in Europa kann jedenfalls nur strafrechtlich sanktioniert werden und rechtfertigt keine Raketenangriffe.

Bisher blieb die Karlsruher Bundesanwaltschaft leider untätig. Es sollte aber nicht der Eindruck entstehen, dass sie die Getöteten als Deutsche zweiter Klasse (eingebürgert und extremistisch) betrachtet. Oder dass sie etwas Angst vor einem Konflikt mit den US-Bündnispartnern hat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

10 Kommentare

 / 
  • V
    vic

    Wieder läuten die USA eine neue Rüstungsspirale ein, und schlagen ein neues Kapitel des effektiven Tötens auf.

    Ich vermute, nicht wenige der Killerdrohnen stammen aus Deutschen Rüstungsschmieden - so etwas können "wir" gut.

    Die USA (und wir) bringen durch ihre (und unsere)dämliche Gewaltpolitik die gesamte restliche Welt in Gefahr.

    Irgendwann werden sich die Überlebenden ihrer (und unserer) Massaker das nicht mehr bieten lassen.

    Ich weiß wo die Terroristen sitzen.

  • K
    Klingelhella

    @willy:

    Nein, da gehst du falsch in der Annahme. Natürlich lassen sie sich zum Töten ausbilden (wobei der Nachweis dessen im konkreten Fall nicht erbracht ist), und man kann sie dann auch so bezeichnen.

     

    Bevor du aber die bärtige Gefahr für Europa heraufbeschwörst, empfehle ich, dich mit der Geschichte des Terrors in Europa, gerade auch vor den sog. Islamisten, auseinanderzusetzen; ebenso mit der Geschichte des Terrors in der afghanisch-pakistanischen Region. Das meine ich nicht besserwisserisch, sondern tatsächlich als Anregung, wenn's dich interessiert.

  • W
    Westberliner

    Da Deutsche getötet wurden, sollte automatisch die zuständige Staatsanwaltschaft gegen die Mörder ermitteln.

  • V
    Vicky

    Effiziente Drohnenangriffe ? Kollateralschäden ?

    Zynische Betrachtung angesichts hunderter ziviler Tote in Pakistan und tausender Tote in Afghanistan.

    Völkerrechtlich "umstritten" ist übrigens der gesamte

    "Afpak"-Krieg.Mit welchenm Recht wurde Afghanistan nach 9/11 von den USA bombardiert ?Die Ergreifung von mutmaßlichen Terroristen hätte ausschließlich mit polizeilichen bzw.geheimdienstlichen Mitteln erfolgen dürfen, zumal ein Angebot der Taliban abgelehnt wurde, Bin Laden auszuliefern.

    Krieg IST Terror und provoziert nur noch mehr Gewalt.

  • W
    willy

    Gehe ich recht in der Annahme, dass der Satz:"Soldaten sind Mörder" auf in Terrorcamps zum Töten ausgebildete

    Islamisten nicht angewandt werden darf, auch wenn diese Islamisten ihren Focus auf Europäische, zivile Ziele gerichtet haben?

  • V
    vic

    "Wer dagegen *Terroristen, die nicht Teil der Kämpfe sind, einfach mit Raketen umbringt, begeht ein Kriegsverbrechen. So sehen das jedenfalls europäische Völkerrechtler."

     

    Das sehe ich auch so.

    *Ich vermisse jedoch "mutmaßliche" vor Terroristen.

  • K
    Klingelhella

    Ein treffender Kommentar. Vielen Dank, Hr. Rath! Es ist gut, die Aufmerksamkeit nicht von dem Grauen abzuwenden, welches dort unter unser Duldung geschieht. Z.Zt. fehlt aber der politische Wille, sich damit auseinanderzusetzen.

     

    Ich bitte aber darum, auf die Euphemismen Kollateral- bzw. Begleitschaden in der Berichterstattung zu verzichten denn: "diese aus militärischem Fachvokabular stammenden Begriffe werden von politischen Führungen gezielt eingesetzt, um für die Öffentlichkeit eine Art der Zensur zu erreichen und um die Schäden (Tod von Zivilisten, die Zerstörung deren Hab und Gutes etc...) nicht beim Namen nennen zu müssen, in der Hoffnung, dass diese nicht als solche wahrgenommen werden." (Wikipedia)

  • L
    Lennart

    "Wer dagegen Terroristen, die nicht Teil der Kämpfe sind, einfach mit Raketen umbringt, begeht ein Kriegsverbrechen. So sehen das jedenfalls europäische Völkerrechtler."

    ..und amerikanische ebenfalls:

    http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,691956,00.html

  • S
    Stefan

    Darf ich meine Meinung äußern ohne eine Zensur befürchten zu müssen, weil sie dem Autor widerspricht?

    Terroristen sind in Bürgerkriegsgebieten automatisch legitime Ziele. Auf den Unsinn mit den Kriegsverbrechen können wirklich nur europäische (selbsternannte?) Völkerrechtler kommen.

    Sollten sie wieder in Deutschland auftauchen, so ist die Staatsanwaltschaft zuständig.

    Niemand hat diese Terroristen zu Deutschen zweiter Klasse gemacht. Sie haben den brutalen Kampf gegen die menschlichen Werte gewählt, den Terror und die Unterdrückung. Da zählt auch kein Migranten-Bonus.

    In ihrem neuen Wirkungsfeld Pakistan, wo sie umgekommen sind, waren sie zwar Ausländer, aber hervorragend bei den Terroristen integriert. Sie wurden von den Amerikanern als Terroristen erster Klasse behandelt - ohne Ansehen von Herkunft, Rasse oder Religion.

  • L
    linsenspaeller

    Die große Schlagzeile, die schon über dem 21 Jahrhundert steht, heißt nicht Völkerrecht sondern Sicherheit. Und daran sind nicht wir schuld.