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Kommentar Drohender Staatsbankrott IslandsGeysir außer Kontrolle

Reinhard Wolff
Kommentar von Reinhard Wolff

Island steht wegen der Finanzkrise am Rande des Staatsbankrotts. Deutliche Warnzeichen für ein Platzen der Blase gab es seit Jahren.

Bild: taz

Reinhard Wolff ist Skandinavien-Korrespondent der taz.

Das neoliberale Experiment auf Island galt lange als Erfolgsgeschichte. Ministerpräsident David Oddsson, der die Insel eineinhalb Jahrzehnte lang regierte, rühmte sich noch unlängst, das Land seit Anfang der Neunzigerjahre von den "Fesseln" eines sozialdemokratischen Gesellschaftsmodells "befreit" und ganz den Kräften des Markts überlassen zu haben. Großbanken und andere Staatsbetriebe wurden privatisiert, die Unternehmenssteuern von 50 auf 18 Prozent gesenkt. Binnen acht Jahren wurde mit 36 Prozent das weltweit viertstärkste Wirtschaftswachstum erzielt. Die Börse glänzte mit den höchsten Kurssteigerungen weltweit, und Islan, einst nur vom Fischfang abhängig, schnellte auf der Bestenliste der "konkurrenzkräftigsten" Volkswirtschaften auf einen stolzen vierten Platz. Besser war niemand in Europa.

Die deregulierten isländischen Banken spezialisierten sich auf ein aggressives Spiel mit heißem Geld. Sie liehen große Summen dort, wo es gerade billig war, vermehrten es auf dem Papier durch wundersame Tricksereien untereinander und investierten es dann da, wo das Risiko besonders schnell hohe Renditen erwarten ließ. Nichts schien zu groß für die Banken von der kleinen Insel. Isländisches Kapital erstand im Ausland Betriebe, die mehr Beschäftigte haben als Island Einwohner. Der Haken war nur, dass alles auf einem gewaltigen Schuldenberg aufgebaut war.

Auf Island weiß man nur zu gut, was Geysire sind - und dass diese umso gewaltiger ausbrechen, je länger sich der Druck aufbaut. Deutliche Warnzeichen für ein Platzen der Blase gab es seit zwei Jahren. Ein Analyseinstitut warnte schon im Februar 2007 genau vor der Entwicklung, die in den letzten Tagen stattgefunden hat. Politik und Notenbank - deren Chef nun passenderweise David Oddsson heißt - machen jetzt "skrupellose Auslandsspekulation" für das zusammenbrechende eigene Spekulationsmodell verantwortlich. Dabei haben sie selbst das einmalige Kunststück geschafft, ein ganzes Land an den Rand des Staatsbankrotts gesteuert zu haben, der europaweit Nachbeben auslösen könnte. REINHARD WOLFF

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Reinhard Wolff
Auslandskorrespondent Skandinavien und das Baltikum
Lebt in Schweden, schreibt seit 1985 für die taz.

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