Kommentar: Die SPD vor der Landtagswahl : Die letzte Chance
Nordrhein-Westfalens SPD gibt sich seit Beginn der Woche kritisch-konstruktiv. Ministerpräsident Peer Steinbrück geht SPD-Bundesinnenminister Otto Schily wegen dessen autoritär-sinnloser Umzugspläne des Bundeskriminalamts von Bonn nach Meckenheim scharf an. Sein Landesparteichef Harald Schartau legt nach, kritisiert seine Aachener Parteifreundin Ulla Schmidt: Deren Gesundheitsreform sei in Teilen unsozial.
In seiner Funktion als Arbeits- und Sozialminister gibt sich Schartau dagegen konstruktiv. NRW tue alles zur Schaffung neuer Arbeitsplätze – und sei damit erfolgreich. Die Botschaft: Notfalls schaffen wir die Wende auch ohne oder gegen die Bundesregierung. NRW zuerst.
Das dies nur bedingt funktioniert, weiß auch die NRWSPD genau. Verfehlen die wirtschafts- und arbeitspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung ihre Wirkung, springt die Konjunktur nicht an, bleibt die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit auch in NRW Illusion. Deshalb übt sich der größte SPD-Landesverband im Spagat: Innovativ wollen die Sozialdemokraten wirken – bundespolitisch auch durch Diskriminierung von Arbeitslosen, die pauschal unter den Verdacht der Faulheit gestellt werden. In NRW aber soll der Schein der sozialen Balance gewahrt bleiben.
Können sich Steinbrück und Schartau nicht durchsetzen, hat die Opposition leichtes Spiel: Die beiden stünden als Verlierer da – zumal viele SPD-Stammwähler zukünftig durch‘s soziale Netz fallen werden. Nordrhein-Westfalens SPD setzt auf die letzte Chance. ANDREAS WYPUTTA