Kommentar Deutsche Bank: Der Beginn der Verstaatlichung
Die Banken sind durch die Finanzkrise schon fast pleite – und das bevor die Wirtschaftskrise überhaupt richtig begonnen hat. Davon werden sie sich nie wieder ganz erholen.
D ie Finanzkrise geht in die nächste Runde bei den Banken: Auch der Branchenprimus Deutsche Bank muss nun zugeben, schwer angeschlagen zu sein. Allein im vergangenen Quartal wurde ein Verlust von fast 5 Milliarden Euro eingefahren. Die Übernahme der Postbank war da nicht mehr zu stemmen - stattdessen wird nun die Post vorübergehend Miteigentümer der Deutschen Bank. Man kann das eine Teilverstaatlichung nennen, zumindest auf Zeit.
Ulrike Herrmann ist Redakteurin für Wirtschaftspolitik der taz.
Doch trotz der Rekordverluste macht Bankchef Josef Ackermann weiterhin auf Optimismus: Sogar eine Dividende soll es noch geben. Es sind zwar nur magere 50 Cent, aber es geht ums Symbol: Ackermann will suggerieren, dass die Normalität zurückkehrt. Dazu gehört seine Ankündigung, dass nun alle Risikopositionen abgeschrieben seien.
Doch was ist ein Risiko? In der Finanzkrise ähnelt dieser Begriff einer Wanderdüne: Wo gestern noch kein Risiko war, da kann sich heute schon eines auftun. Es mag ja sein, dass die Deutsche Bank kein einziges toxisches Wertpapier mehr in ihren Bilanzen führt und auch alle Kredite für windige Private-Equity-Übernahmen abgeschrieben hat. Doch das wird nicht reichen. Denn die Finanzkrise ist ja längst in eine Wirtschaftskrise übergegangen - und damit werden nun auch viele Kredite zu Verlustbringern, die eigentlich ganz solide finanziert waren. Ob sie nun für Gewerbeimmobilien waren, die sich jetzt nicht mehr vermieten lassen, oder für bodenständige Firmen, die plötzlich ihre Kunden verlieren.
Die Bundesrepublik rauscht auf die größte Wirtschaftskrise ihrer Geschichte zu - und die Banken sind durch die Finanzkrise schon fast insolvent, bevor ökonomisch das Schlimmste überhaupt begonnen hat. Das kann nicht gutgehen. Die bisherigen Verstaatlichungen waren erst der Beginn, nicht das Ende. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern weltweit.
Von dieser Krise werden sich die Banken wahrscheinlich nie wieder ganz erholen. Es ist nicht zu sehen, wie etwa das Investmentbanking je wieder zum alten Schwung zurückfinden sollte. Aber das ist nicht schlimm: Noch mal werden die toxischen Wertpapiere, die Schrottkredite und die Milliarden-Boni nicht gebraucht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
CDU-Politiker Marco Wanderwitz
Schmerzhafter Abgang eines Standhaften