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Sehr geehrter Herr Semler,
ganz wie es in der TAZ üblich ist wird die Tibet Frage gänzlich anders behandelt, als andere Konflikte ähnlicher Art. Würden Sie auch, wenn es um die politischen und kulturellen Rechte der Kurden in der Türkei geht - um nur ein Beispiel von vielen zu nennen- für Zurückhaltung plädieren? Wären auch dann Menschenrechtsverletzungen, Verhaftungen, Folter, Unterdrückung von eigener Sprache, Kultur und Religion nicht als Individualrechte anzusehen, deren Gewährung man lautstark fordern müsste? Und ist es nicht auch in der Türkei so, dass die meisten türkischstämmigen Bürger nicht unbedingt an den Rechten der Kurden interessiert sind?
Dennoch vermute ich, dass die TAZ sich immer dafür stark gemacht hätte, die Missstände laut anzusprechen. Was erschwert es in diesem Fall so sehr diese Position zu unterstützen? Woher auf einmal die Vorliebe für Leisetreterei?
Was auch immer die Wurzeln sind, es ist bedauerlich.
Die Parteien der Mitte meinen, mit empathischer Kümmerergeste „das Ossi“ für sich gewinnen zu können. Sie sollten sie lieber zum Mitwirken auffordern.
Kommentar Dalai Lama-Besuch in Deutschland: Bitte nur am Katzentisch Platz nehmen!
Der Dalai Lama hält sich bei der Frage nach territorialer Autonomie Tibets bedeckt. Die Mehrheit der Chinesen wiederum verteidigt die Landeseinheit. Da ist Zurückhaltung geboten.
Wer darf bei uns in welcher politischen Funktion den Dalai Lama empfangen? Position eins: Der Einsatz für die Menschenrechte gegenüber autoritären Regimen kann nur mittels stiller Diplomatie, die das Gesicht des Gegners wahrt, zum Erfolg führen. Position zwei: Nur deutliche Worte verschaffen Respekt. Hierzu gehören auch symbolische Gesten wie der Empfang des Dalai Lama durch die deutsche Staatsführung.
Zweifellos haben in den Auseinandersetzungen der 80er-Jahre um die Politik gegenüber den realsozialistischen Regimen die Anhänger des offenen Wortes" recht behalten. Aber daraus folgt wenig für die heutige deutsche Politik in der Tibetfrage. Damals ging es um die Einhaltung der Individualrechte im Einklang mit dem Helsinki-Abkommen, heute geht es um Kollektivrechte als Minderheitenrechte.
Der Dalai Lama betont, dass er für die Tibeter nur die religiöse, kulturelle und soziale Autonomie innerhalb Chinas einfordere. Hinsichtlich des räumlichen wie des sachlichen Geltungsbereichs dieser Autonomie gibt es aber von seiner Seite keine präzisen Aussagen. Zudem betreibt ein Teil der tibetischen Exilanten die Loslösung Tibets aus dem chinesischen Staatsverband. Wie agieren, wenn diese Tendenz überhandnimmt? Deren Unterstützung wäre eindeutig völkerrechtswidrig.
Aber auch unabhängig von solchen Rechtsfragen müssen sich unsere Politiker vor Augen führen, dass die Einheit Chinas einschließlich Tibets von der großen Mehrheit der chinesischen Bevölkerung verteidigt wird. Chinas Regierung drückt hier nur die traumatischen Erfahrungen während der Zeit des staatlichen Zerfalls und der Fremdherrschaft im 20. Jahrhundert aus. Dies vor Augen, sollte deshalb gelten: Eintragung des Dalai Lama ins Goldene Büchlein der Stadt Bochum jederzeit. Aber Zurückhaltung bei allzu symbolgeladenen politischen Gesten.
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Kommentar von
Christian Semler