piwik no script img

Kommentar China und AfghanistanInvestieren statt schießen

Jutta Lietsch
Kommentar von Jutta Lietsch

Das chinesische Kalkül: nicht schießen, sondern investieren. Wenn die internationalen Truppen dabei helfen, die chinesischen Investitionen zu schützen, umso besser.

V orbei sind die Zeiten, als Pekings Politiker sich bei den großen Konferenzen der Welt still und leise auf die Hinterbänke setzen konnten, ganz nach dem Motto des alten KP-Führers Deng Xiaoping: Kopf einziehen und sich niemals an die Spitze setzen. Heute wird die Volksrepublik mit ihrem erstarkenden Militär zunehmend als Weltmacht gesehen. Die Einladung an Chinas Außenminister Yang Jiechi zum Münchner Sicherheitsforum, das gestern begonnen hat und sich unter anderem mit der Situation in Afghanistan beschäftigt, ist das jüngste Beispiel.

Niemand sollte allerdings erwarten, dass sich Chinas Topdiplomat zu einer militärischen Zusammenarbeit in Afghanistan überreden lässt. Peking hat immer wieder erklärt, dass es niemals Soldaten in das Nachbarland schicken wird, mit dem China eine 90 Kilometer lange Grenze verbindet. Ein solcher Schritt, sagen chinesische Offiziere, wäre das Dümmste, was sie tun könnten. Es würde die Staaten in Zentralasien und im weiteren Umkreis erschrecken. Es würde das sorgsam gepflegte Image eines zwar riesigen, aber nach außen friedfertigen Landes zerstören. China müsste fürchten, Angriffsziel der Taliban und anderer Terrorgruppen zu werden.

Das chinesische Kalkül deshalb: nicht schießen, sondern investieren. Vor zwei Jahren erwarb der Staatskonzern China MCC die Schürfrechte für 25 Jahre in der afghanischen Kupfermine von Aynak für 3,4 Milliarden US-Dollar. Dafür sollen tausende afghanische Jobs, Wohnheime, Straßen und ein Kraftwerk entstehen. Die Firma ist der größte Steuerzahler Afghanistans und finanziert damit - so ist es zumindest gedacht - die heimischen Polizisten und Soldaten, die den Kupferabbau und die Transporte bewachen.

Jutta Lietsch

ist China-Korrespondentin für die taz.

Wenn die internationalen Truppen dabei helfen, die chinesischen Investitionen zu schützen, umso besser.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jutta Lietsch
taz.eins-Redakteurin
Bis Anfang 2012 Korrespondentin der taz in China, seither wieder in der Berliner Zentrale. Mit der taz verbunden seit über zwanzig Jahren: anfangs als Redakteurin im Auslandsressort, zuständig für Asien, dann ab 1996 Südostasienkorrespondentin mit Sitz in Bangkok und ab 2000 für die taz und andere deutschsprachige Zeitungen in Peking. Veröffentlichung: gemeinsam mit Andreas Lorenz: „Das andere China“, wjs-verlag, Berlin
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • AI
    Amerikanischer Imperator

    Die Chinesen betreiben ihren Wirtschaftsimperialismus eben eindeutig klüger als der Westen, der ganz im Stile des 19. Jahrhunderts versucht mit Waffengewalt seine Agenda durchzusetzen.

    Wenngleich natürlich niemand es heute so bezeichnet (stattdessen kommt man heute unter dem Deckmantel der "Demokratie" und "Terrorismusbekämpfung" daher) geht es bei diesen Kriegen in erster Linie um wirtschaftliche Interessen der USA und der Europäer. Vor allen Dingen die Menschen in den betroffenen Ländern erdulden dadurch viel Leid und Tod (während die Kriege die Europäer allenfalls am Rande wirklich tangieren bzw. größtenteils nur die Familien der getöteten Soldaten: auch ein neues/altes Phänomen, dass man sich nicht hier gegenseitig abschlachtet, sondern die Vernichtungskraft der modernen Waffen gegen außereuropäische Völker richtet).

     

    Man kann es drehen und wenden wie man will und sich hier selbstgerecht der Selbstlüge versichern, man führe diese Kriege (Interventionen, humanitäre Einsätze, wie immer wir dies auch euphemisieren) um der Demokratie oder der Frauenbefreiung willen.

     

    Fakt ist und bleibt, dass für die Völker vor Ort, die diese Art der "Zivilisierung" durch den Westen schon früher über sich ergehen ließen, es aussieht und sich anfühlt wie ein guter alter Kolonialkrieg, bei dem der "weiße Mann" unter irgendwelchen Vorwänden das Land besetzt und für sich ausplündern möchte.

     

    Dummerweise funktioniert das halt nicht mehr so wie in der 1. Hälfte des 20.Jahrhunderts oder früher, weil heutzutage aufgrund asymetrischer Kriegsführung die Rechnung finanziell schlicht mehr aufgeht.

     

    Das sind die Chinesen einfach klüger als wir.