Kommentar Castor-Transport: Die guten Argumente der Atomindustrie
Während auf politischer Ebene derzeit massiver Druck gemacht wird, die AKWs länger laufen zu lassen, beweisen die Konzerne ihre Unfähigkeit und Dreistigkeit in einem Ausmaß, das schwer zu glauben ist.
Malte Kreutzfeldt ist Leiter des taz-Ressorts Ökologie und Wirtschaft.
Auf die Unterstützung der Atomindustrie können sich die Atomkraftgegner weiterhin verlassen: Während auf politischer Ebene derzeit massiver Druck gemacht wird, die AKWs länger laufen zu lassen, beweisen die Konzerne ihre Unfähigkeit und Dreistigkeit in einem Ausmaß, das schwer zu glauben ist.
Weil der Atommüll stärker strahlt als früher, sind für Transport und Lagerung neue Castor-Behälter nötig. Doch die zuständige Gesellschaft für Nuklear-Service, ein Tochterunternehmen der vier deutschen Energieriesen, hat nicht nur auf Sicherheitstests mit den Originalbehältern verzichtet und setzt stattdessen auf verkleinerte Modelle. Sondern sie hat die Sicherheit ihrer Behälter auch mit willkürlich gewählten Parametern schöngerechnet. Dieser Versuch, die Behörden auszutricksen, bestärkt all jene, die vermuten, dass den Konzernen im Zweifelsfall die Rendite wichtiger ist als die Sicherheit.
Ob die Zwischenfälle in den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel, die falschen Dübel in Biblis oder der Wassereinbruch im Endlager Asse: Alle diese Fälle demonstrieren - ebenso wie die nun bekannt gewordenen Castor-Probleme - nicht nur die mangelnde Beherrschbarkeit der Atomtechnik, sondern ebenso die mangelnde Zuverlässigkeit der Betreiber.
Kurzfristig hat die Politik darauf angemessen reagiert, indem sie den für 2009 geplanten Castor-Transport ausgesetzt hat. Doch reicht dieser Schritt nicht aus. Vielmehr stellt sich die Frage, ob ein Unternehmen, das Behörden falsche oder unvollständige Angaben über höchst sensible Sicherheitsfragen liefert, zuverlässig genug ist, um Atomtransporte durchzuführen.
Langfristig lässt sich das Atommüll-Problem aber auch mit scharfen Vorgaben und strenger Aufsicht nicht lösen. Bis heute gibt es kein Endlager für hochradioaktiven Müll. Die Konsequenz kann nur lauten, die Produktion dieses Gefahrguts so schnell wie möglich einzustellen, indem die Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Statt über längere Laufzeiten muss über kürzere diskutiert werden. Dafür hat die Atomwirtschaft gute Argumente geliefert. MALTE KREUTZFELDT
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