Kommentar CIA-Folterkooperation: Beugsame Moral
Noch immer ist kein Verantwortlicher der Bush-Regierung für Folter zur Rechenschaft gezogen worden. Auch die Justiz unter Obama will daran nichts ändern.
D as ganze Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen unter US-Präsident George W. Bush ist noch längst nicht aufgearbeitet. Das macht der neue Bericht von Human Rights Watch über die Verhaftung und Folter von Gegnern des früheren libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi durch die CIA und ihre spätere Überstellung nach Libyen deutlich.
Detailliert listet das Papier den Grad der Zusammenarbeit zwischen CIA, dem britischen MI6 und Gaddafis Geheimdienst auf, wenn es darum ging, mutmaßliche gemeinsame Feinde zu bekämpfen. Dass nur wenige Jahre später diese Feinde als Rebellen auf die Unterstützung der britischen und US-amerikanischen Luftwaffe zählen konnten, bestätigt nur eins: Recht und Moral sind beugsam, die Achtung vor Menschenrechten und Menschenleben bestenfalls taktischer Natur.
Noch immer ist kein einziger der wirklichen Verantwortungsträger innerhalb der Regierung Bush für Folter, Misshandlung und Missachtung des Völkerrechts zur Rechenschaft gezogen worden. Und es ist nahezu undenkbar, dass sich in den USA daran etwas ändern könnte.
ist Auslandsredakteur der taz.
Das Justizministerium unter Barack Obamas Präsidentschaft hat sehr deutlich formuliert, dass es niemanden strafrechtlich verfolgen will, dessen Handlungen von der damaligen Befehlslage und Rechtsauffassung gedeckt waren. Damit schreibt die Obama-Regierung juristisch die Mär fort, es habe sich nur um Einzelfälle durchgeknallter unterer Ränge gehandelt.
Der neue Bericht wird daran nichts ändern. Sollten frühere Opfer in den USA vor Gericht ziehen, werden sie von der Justiz abgebügelt. Noch immer gilt: Eine außereheliche Affäre kann einen US-Politiker seinen Job kosten, die Duldung oder gar Anordnung schwerster Menschenrechtsverletzungen nicht.
Akzeptabel ist das nicht. Aber solange die USA deswegen international keinen Schaden befürchten müssen, wird es so bleiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
SPD-Linker Sebastian Roloff
„Die Debatte über die Kanzlerkandidatur kommt zur Unzeit“
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los