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Kommentar CIA-FolterkooperationBeugsame Moral

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Noch immer ist kein Verantwortlicher der Bush-Regierung für Folter zur Rechenschaft gezogen worden. Auch die Justiz unter Obama will daran nichts ändern.

D as ganze Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen unter US-Präsident George W. Bush ist noch längst nicht aufgearbeitet. Das macht der neue Bericht von Human Rights Watch über die Verhaftung und Folter von Gegnern des früheren libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi durch die CIA und ihre spätere Überstellung nach Libyen deutlich.

Detailliert listet das Papier den Grad der Zusammenarbeit zwischen CIA, dem britischen MI6 und Gaddafis Geheimdienst auf, wenn es darum ging, mutmaßliche gemeinsame Feinde zu bekämpfen. Dass nur wenige Jahre später diese Feinde als Rebellen auf die Unterstützung der britischen und US-amerikanischen Luftwaffe zählen konnten, bestätigt nur eins: Recht und Moral sind beugsam, die Achtung vor Menschenrechten und Menschenleben bestenfalls taktischer Natur.

Noch immer ist kein einziger der wirklichen Verantwortungsträger innerhalb der Regierung Bush für Folter, Misshandlung und Missachtung des Völkerrechts zur Rechenschaft gezogen worden. Und es ist nahezu undenkbar, dass sich in den USA daran etwas ändern könnte.

taz
Bernd Pickert

ist Auslandsredakteur der taz.

Das Justizministerium unter Barack Obamas Präsidentschaft hat sehr deutlich formuliert, dass es niemanden strafrechtlich verfolgen will, dessen Handlungen von der damaligen Befehlslage und Rechtsauffassung gedeckt waren. Damit schreibt die Obama-Regierung juristisch die Mär fort, es habe sich nur um Einzelfälle durchgeknallter unterer Ränge gehandelt.

Der neue Bericht wird daran nichts ändern. Sollten frühere Opfer in den USA vor Gericht ziehen, werden sie von der Justiz abgebügelt. Noch immer gilt: Eine außereheliche Affäre kann einen US-Politiker seinen Job kosten, die Duldung oder gar Anordnung schwerster Menschenrechtsverletzungen nicht.

Akzeptabel ist das nicht. Aber solange die USA deswegen international keinen Schaden befürchten müssen, wird es so bleiben.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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3 Kommentare

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  • V
    vic

    Obama kann und will daran nichts änden, denn seine Weste ist diesbezüglich alles andere als weiß.

    Auch zahlreiche andere Politiker- darunter deutsche- waren und sind an diversen völkerrechtswidrigen Schweinereien beteiligt.

  • BE
    Björn Eriksson

    Wie ist das zu verstehen? Die Inquisitoren der Demokratie, in ihrer Eigenschaft als Kleriker der neuen Atheisten, übergeben unter Anwendung aufgeklärten humanistischen Menschenrechtes ihre Verdächtigen den Folterkammern verbündeter Despoten? Als geeignete Maßnahme zur Erreichung der geforderten „Überwindung“ der Religionen, da diese die alleinige bzw. Hauptursache des Konflikts seien? - Bizarr!

     

    Da wird es doch beruhigend sein, dass kein Anlass zur Sorge besteht, es könne durch die in den letzten zwei Jahren stattgefundene Reduzierung der verbündeten Despotien bei dem Angebot an Folterkammern eventuell zu Engpässen kommen. Denn dies wird sicherlich der letzte verbliebene Verbündete der demokratischen Menschenrechtler, die saudi-arabische Despotie, mittels der ausschwärmenden Salafisten zu verhindern wissen.

     

    Und womit wären darin noch die „religiösen und kulturellen Gegensätze“ des von Huntington behaupteten „Clash of Civilizations“ auszumachen? Über beugsamen Intellekt?

  • W
    Weltpolizeiverbrecher

    Trotz eindeutiger Beweise dafür, dass es in den Foltergefängnissen der USA systematische Misshandlung gab (und gibt), wurden alle verantwortlichen Regierungsvertreter unbehelligt gelassen.

    Lediglich ein paar einfache Soldaten sind bisher bestraft worden.

    Am 30. August 2012 teilte US-Generalbundesanwalt Eric Holder mit, dass die strafrechtlichen Ermittlungen eingestellt würden.

    Es gab keine Anklage.

     

    Ursprünglich sollten CIA-Mißhandlungen an 101(!) Personen aufgeklärt werden.

    Holder hatte aber die Ermittlungen am 30.6.2011 auf 2 (!) Fälle beschränkt.

     

    "Zufällig" waren diese beiden Gefangenen inzwischen an den Folgen der Folter verstorben.

    Deshalb kommen die Friedensengel der westlichen Werte (wieder einmal) ungeschoren davon.