Kommentar CDU und Hartz IV: Fataler Markenname
Jürgen Rüttgers denkt über die Bezeichnung Hartz IV nach. Wenn es nach ihm ginge, müsse der Sammelbegriff wieder differenziert werden. Gibt es nichts Wichtigeres?
W ohl keine Sozialleistung wurde so zum negativen Markennamen wie die Hartz-IV-Gesetze. Nun denkt ausgerechnet ein CDU-Politiker, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, laut darüber nach, dieser Transferleistung nach einer Revision einen neuen Namen zu geben. Das ist bemerkenswert.
Der Begriff Hartz IV ist zwar keine Erfindung der Politik, im Amtsdeutsch heißt es: "Grundsicherung für Arbeitssuchende". Einen neuen Markennamen könnte die Politik auch erst dann unter die Leute bringen, wenn die Leistungen entsprechend verändert würden. Rüttgers meint aber dennoch etwas sehr Richtiges: Hartz IV wurde zu einem scheinbar homogenisierenden Label einer "Unterschicht". Dabei bekommen diese Sozialleistungen höchst unterschiedliche Bevölkerungsgruppen.
Zu den Hartz-IV-Empfängern zählen langjährig Arbeitende, die jenseits der 50 ihren Job verloren haben, Alleinerziehende, die nur Teilzeit arbeiten können, gesundheitlich Eingeschränkte und Niedriglöhner, deren Entgelt trotz aller Mühe nicht reicht. Sie alle sind Hartz IV und wollen doch zu Recht mit diesem Label nichts zu tun haben. Denn Hartz IV - so der Tenor - das bekommen doch auch Leute, die nie gekämpft haben in ihrem Leben.
Der politische Vorstoß ist daher richtig, zu überlegen, wie man die Sozialleistungen wieder differenzieren könnte. Länger Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende, mehr Beschäftigungsmaßnahmen für langjährig Versicherte, gesetzliche Mindestlöhne oder ein neuer Name für die staatliche Aufstockung von Niedrigeinkommen, die in Großbritannien ja "earned income tax credit" heißt, das wären sinnvolle Möglichkeiten. Ach ja: Worüber debattiert eigentlich derzeit die SPD?
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau