Kommentar Bundesliga-Rechte: Rückkehr des Pleitegeiers
Leo Kirch ist zurück. Und schon hat sich der deutsche Fußball an ihn verkauft. Was das für die Sportberichterstattung bedeutet? Unabhängiger Journalismus sieht anders aus.
Steffen Grimberg ist Medienexperte der taz
Entgegen der alten Boxerregel "they never come back" hat er es doch geschafft: Leo Kirch, dessen Medienimperium 2002 die damals größte Pleite der deutschen Unternehmensgeschichte hingelegt hat, ist wieder im Geschäft. Seine neue Firma Sirius wird ab 2009 die TV- und Internet-Rechte an der Fußball-Bundesliga vermakeln. Der deutsche Fußball hat sich wieder mal an Kirch verkauft. Übrigens nicht, wie bislang üblich, für drei - sondern gleich auf sechs Jahre, bis 2015.
Vergessen die Schmach vor fünf Jahren, als das Ende der alten KirchMedia der Liga Millionenverluste bescherte. Der Hasardeur aus München hat den Vereinen nämlich mal wieder ein unwiderstehliches Angebot gemacht: 500 Millionen Euro statt der bisher 440 Millionen pro Saison will Kirch mit der Vermarktung der Ligarechte mindestens reinholen. Wie das gehen soll, bleibt noch schleierhaft.
Die Liga spielt va banque: Sie will nämlich auch die TV-Berichterstattung fürs Pay-TV zusammen mit Kirch selbst produzieren und schlüsselfertig anbieten. Schließlich behält man so noch besser die Kontrolle. Der schöne Plan, der offenbar den Kern der Kirch-Strategie bildet, macht aber nur dann Sinn, wenn man an mehrere verkauft. Die Liga-Übertragung würde das künftig zersplittern. Sie würde auf verschiedenen kleinen Bezahlfernsehsendern laufen - von denen es allerdings noch gar nicht genügend gibt. Entscheidend für die Pay-TV-Einnahmen würde Premiere bleiben, doch dem Sender dürfte nur unter zwei Bedingungen mehr Geld als bisher zu entlocken sein: Durch die weitere Garantie von Exklusivrechten und mit der Zusage, die Liga-Zusammenfassung im Free-TV in den späteren Abend zu schieben. Das würde das Ende für die heutige ARD-"Sportschau" bedeuten.
Bleibt nur die Frage, was von einer solchen Sportberichterstattung zu halten ist: bestritten von einem Unternehmen, das knapp zur Hälfte der Liga selbst gehört. Und zur anderen Hälfte dem, der unbedingt verkaufen muss. Unabhängiger Journalismus sieht anders aus. Doch der ist der Liga ja eh wurscht.
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