Kommentar Bund der Vertriebenen: Jenseits von Frau Steinbach
Das Alleinvertretungsrecht des Bundes der Vertriebenen (BdV) im Stiftungsrat ist ein grundlegender Fehler. Auch außerhalb des BdV gibt es viele, ehemals Vertriebene.
D er Streit um die "Personalie" Steinbach hat es mit sich gebracht, dass einige wichtige, mit der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Vergebung" zusammenhängende Fragen deutlich unterbelichtet geblieben sind. Das Stiftungsgesetz sieht vor, dem Bund der Vertriebenen (BdV) drei Sitze im Stiftungsrat zuzugestehen. Damit wird ein Alleinvertretungsrecht des BdV festgeschrieben, das mit der Realität nichts zu tun hat.
Denn es gibt außerhalb des BdV eine große Zahl von ehemaligen Vertriebenen und deren Kindern, die sich in polnisch-deutschen Initiativen organisiert haben. Oft genug entstehen Freundschaften mit Polen, die ihrerseits nach 1945 aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten vertrieben worden sind. Diese Initiativen leisten praktische Arbeit, auch Erinnerungsarbeit. Sie bilden den Kern des polnisch-deutschen Versöhnungsprozesses - und sie fühlen sich mehrheitlich durch die Führung des BdV nicht vertreten.
Ein zweites Problem betrifft die fortbestehenden Grundorientierungen des BdV. Erika Steinbach hat zwar vielfach von Empathie mit den Leiden aller Vertriebenen des 20. Jahrhunderts gesprochen. Aber im BdV wie in den großen Landsmannschaften trifft man auf einen Kampf um die Anerkennung als Opfer, der völlig selbstbezogen ist. Der BdV hält an seinen Feindbildern fest. Er ignoriert, in welchem Ausmaß beispielsweise polnische und tschechische Wissenschaftler sich kritisch mit der Geschichte der Vertreibungen nach 1945 beschäftigt haben. Und wie auch in der Öffentlichkeit Debatten um Flucht und Vertreibung der Deutschen entstanden sind. Der BdV befördert damit die extrem nationalistischen Kräfte, sei es in Polen, sei es in Tschechien.
Die Stiftung, die jetzt hoffentlich in die Gänge kommt, trägt die Spuren des Kompromisses mit Erika Steinbach und dem ursprünglichen BdV-Projekt "Zentrum gegen Vertreibungen". Ihr künftiger Ruf wird davon abhängen, dass die Ausstellung wie die anderen Stiftungsprojekte - einschließlich der wissenschaftlichen Beratung - einer vom BdV unabhängigen Linie folgen
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