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Kommentar Britische KommunalwahlenBrown belastet Labour

Kommentar von Ralph Sotscheck

Das Ausmaß der Labour-Niederlage bei den Kommunalwahlen sprengt den Rahmen des Erwartbaren - wie damals bei John Major 1995. Zwei Jahre später war der Premier sein Amt los.

Bild: taz

Ralf Sotscheck ist taz-Korrespondent für Großbritannien und Irland mit Sitz in Dublin.

Man kann es im Londoner Regierungsviertel förmlich hören, wie die Labour-Hinterbänkler ihre Messer wetzen. Der britische Premierminister Gordon Brown ist bei seinem ersten Test an der Wahlurne kläglich gescheitert. Sicher spielen zum Teil lokale Aspekte eine Rolle, und die Wähler nehmen meistens die Gelegenheit wahr, der Regierung bei Kommunalwahlen eins auszuwischen. Doch das Ausmaß der Labour-Niederlage sprengt den Rahmen des Erwartbaren.

Brown hat sich das selbst zuzuschreiben. Er hat die Sympathie, die jedem neuen Premierminister kurzzeitig entgegengebracht wird, falsch verstanden und vorgezogene Parlamentswahlen in Erwägung gezogen. Um dafür günstige Voraussetzungen zu schaffen, änderte er die Steuersätze zugunsten der Mittelschicht: Den Regelsatz senkte er, und weil er das nun fehlende Geld anderswo auftreiben musste, schaffte er den niedrigsten Steuersatz von 10 Prozent einfach ab. Trotz kleiner Konzessionen an die Niedrigverdiener, die ihm Parteifreunde abtrotzten, blieb als Ergebnis eine Umverteilung übrig: Die Niedrigverdiener finanzieren die Mittelklasse.

Und nicht nur das: Nachdem Gordon Brown der Hypothekenbank Northern Rock mit Milliarden aus der Staatskasse geholfen hat, macht sich in den unteren Einkommensschichten der Verdacht breit, dass sie auch noch die Reichsten des Landes mitfinanzieren. Zumal auch die Kapitalertragsteuer, die Besteuerung reicher Ausländer sowie die Erbschaftsteuer auf Druck der Spitzenverdiener gesenkt wurden.

Doch weder sie noch die Mittelschicht haben es Brown gedankt. Zwar zahlen 10 Millionen Familien seit April weniger Steuern, doch aufgrund der gestiegenen Benzin- und Lebensmittelpreise haben sie nicht mehr Geld in der Tasche. Hinzu kommt, dass in einem Land der Immobilienbesitzer die Zufriedenheit an den Häuserpreisen gemessen wird. Und die fallen seit einiger Zeit.

Gordon Browns Wahlergebnis gleicht der Niederlage, die der letzte Tory-Premierminister John Major bei den Kommunalwahlen 1995 erlitten hat. Zwei Jahre später war Major sein Amt an Tony Blair los.

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