piwik no script img

Kommentar BörsenfusionEin Monopol sorgt für Transparenz

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die verhinderte Fusion der Deutschen Börse mit der New Yorker Börse nutzt niemandem. Ein staatliches Börsenmonopol muss her, um die Risiken sichtbar zu machen.

D ie Investoren reagierten gelassen: Die Aktie der Deutschen Börse stieg am Mittwoch, obwohl diese sich nicht mit der New Yorker Börse NYSE zusammenschließen darf.

Die Nachricht kam ja auch nicht unerwartet. Seit Wochen war klar, dass die EU-Kommission die Megafusion untersagen würde, um ein Monopol im Derivatehandel zu verhindern.

Viele Anleger waren sogar erleichtert darüber, dass die Elefantenhochzeit verhindert wurde. Denn es war nicht deutlich, ob sich eine Fusion gerechnet hätte. Sie hätte enorme Investitionen erfordert, bis vielleicht - irgendwann - "Synergieeffekte" eingesetzt hätten.

taz
Ulrike Herrmann

ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Ein derartiges Wagnis einzugehen, hat die Deutsche Börse jedoch gar nicht nötig: Ihre Gewinne steigen rasant, und die Umsatzrendite liegt bei über 50 Prozent. Davon können andere Firmen nur träumen.

Die enormen Renditen der Deutschen Börse signalisieren allerdings, dass der Wettbewerb zwischen den Börsen schon jetzt nicht funktioniert. Sonst würde die Deutsche Börse keine Monopolgewinne einfahren. Dies führt zu einer fundamentalen Frage: Wie sinnvoll ist es, Börsen privatwirtschaftlich zu organisieren? Denn sie sind keine Privatveranstaltung, sondern haben eine zentrale volkswirtschaftliche Funktion: Sie stellen einen Markt für Finanzprodukte her.

Diese volkswirtschaftliche Bedeutung wird künftig noch steigen. Bisher werden viele Finanzgeschäfte "over the counter" zwischen den Banken abgehandelt, doch seit der Finanzkrise ist klar, dass alle Transaktionen über Börsen abgewickelt werden sollten. Die Risiken müssen sichtbar werden, und nichts ist so transparent wie ein einheitlicher Markt. Das bedeutet aber letztlich: Gebraucht wird ein Börsenmonopol - und ein Monopol muss staatlich sein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

4 Kommentare

 / 
  • EL
    Ein Leser

    Laut Frau Herrmann soll also alles monopolisiert und verstaatlicht werden, was eine wichtige volkswirtschaftliche Funktion hat.

     

    Was für ein Blödsinn! Wenn man diesem Argument folgt, müsste selbst das Bäckereihandwerk staatsmonopolisiert werden.

     

    Vermutlich träumt von einer monopolisierten Zeitung, in der nur sie Wirtschaftskommentare schreiben darf (und jeder Leser diesen Quatsch lesen müsste).

  • R
    Renegade

    Gute Idee. Vor allem, weil das staatliche Geldmonopol schon so gut funktioniert. Wie auch andere Monopole. Besonders staatliche.

  • M
    Marina

    "Ein staatliches Börsenmonopol muss her" - zum Kringeln, auf was für Ideen Ulrike Herrmann immer kommt! Köstlich! Einfach göttlich! Okay, mit Wirtschaft hat das alles nichts zu tun, aber als Satire (und das soll es ja hoffentlich sein) sind diese Artikel echt erste Sahne. Herrlich, weiter so!

     

    Jetzt erst mal in der SZ einen richtigen Artikel zum Thema "Börsenfusion" lesen.

  • I
    Institutionalist

    Ein Börsenmonopol ist nicht per se schlecht. Es wird vom Kontext abhängen, in welchem Land die Börse ist und wie gross der Börsenumsatz ist. Verständlicherweise wird ein Land mit kleinem BIP nur sehr vorsichtig mit Börsen sein.

     

    Börsenumsätze werden seit einigen Jahren auf elektronische Handelsplatformen umgeleitet. Es kann durchaus sein, dass elektronische Handelsplatformen einen immer grösseren Marktanteil bekommen.

     

    Die Schlussfolgerung mit einem Börsenmonopol mehr Transparenz zu bekommen ist Unsinn. Die These vom effizienten Markt stimmt nicht. Es ist auch zu kurz gesprungen, wenn man glaubt, dass die Kursschwankungen vor allem etwas mit Fundamentaldaten zu tun haben - zum grossen Teil entstehen sie durch den Handel.

     

    Wenn man die Absicht hat Finanztransaktionssteuer einzuführen ist ein Börsenmonopol natürlich sinnvoll. Allerdings kann man da annehmen das das Börsenmonopol und die Finanztransaktionssteuer den elektronischen Handelsplatformen einen Entwicklungsschub geben. Das muss nicht schlecht sein. Märkte sind letzten Endes soziale Institutionen, und mehr elektronische Märkte mit unterschiedlichen institutionellen Regeln setzen einen evolutionären Wettbewerb bei den Marktinstitutionen fort. Bisher konnte die alten Börsenmärkte den Verdrängungswettbewerb vermeiden, weil Akteure einen umsatzstarken Handelsplatz brauchen, um rasch die Geschäfte abwickeln zu können.

     

    Die staatliche Regulierung und Steuern könnten endlich alte, ineffiziente Systeme auf dem Müllhaufen der Geschichte werfen.