Kommentar Berliner Koalition: Akzentlos in der Mitte

Die CDU wollte eine Juniorpartnerschaft - mehr hat sie nicht bekommen. Denn die SPD hat sich in fast allen Punkten durchgesetzt.

Es gibt Momente, da zeugt die CDU von großer Weitsicht. Im Frühjahr zum Beispiel war aus der Unionsfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus zu hören, man habe zehn Jahre lang gezeigt, dass man Opposition nicht könne. Deshalb müsse die CDU nun halt wieder im Roten Rathaus mitregieren. Am Ende des Jahres ist die Union am Ziel ihrer Träume. Seit Mittwoch steht fest: Sie wird Juniorpartner der SPD in einer großen Koalition. Mehr hat sie nicht gewollt, mehr hat sie auch nicht bekommen.

Denn die SPD hat sich in fast allen Punkten durchgesetzt. Sie bekommt die relevanten Ressorts im Senat. Der Mindestlohn für öffentliche Aufträge wird erhöht. Die von Rot-Rot angestoßene Schulreform bleibt unangetastet, genauso wie die Kennzeichnungspflicht für Polizisten. Gebühren für Kitas und Unis sind tabu. In anderen Bundesländern wäre dies das Programm einer linksliberalen Regierung. In Berlin dagegen ist es die gemeinsame Agenda der beiden rechtesten Parteien im Landesparlament.

Das sagt viel über die von einer linken Wählerschaft geprägte Stadt Berlin. Es zeigt aber auch, wie weit die Merkelisierung der CDU vorangeschritten ist. Position zeigt sie immer genau dort, wo der politische Mainstream ist. Wer aus tiefem Herzen konservativ denkt, wird sich derzeit von keiner Partei vertreten fühlen. Denn die CDU tut nix, die will nur regieren.

Bild: taz

Gereon Asmuth

ist Ressortleiter der Berlin-Redaktion der taz.

Für den links fühlenden Wähler allerdings, der eine Regierungsbeteiligung der Union fast schon mit dem Weltuntergang gleichgesetzt hatte, klingt das erst mal beruhigend. So beruhigend allerdings, dass es für das Trio aus Grünen, Linken und Piraten zum Problem wird. Denn wenn sich der eigentlich rechte Gegner im Mittelfeld rumlümmelt, bleibt für die Grü-Li-Pi-Opposition kaum Platz für eine differenzierte Gegnerschaft.

Eine Regierung, die keine Akzente setzt, eine Opposition, der der Kontrapart fehlt. Die nächsten fünf Jahre verheißen nichts Gutes für die Berliner Landespolitik.

Comments

[Stefan]

Naja, bis auf die Autobahn sind die Grünen auch nicht besser als die SPD. Achja und der Bahnhof Zoo, aber zum Glück ist das ja Sache der Bahn, nicht alle 3 S-Bahn-Stationen einen ICE halten zu lassen.

 

Fazit: Die SPD geht mit jedem ins Bett und Grüne oder Linke tragen am Ende auch fast jede Schweinerei mit.

[vic]

Eine wie auch immer geartete Regierungsbeteiligung der CDU, wird auf mich niemals beruhigend wirken.

Richtig ist allerdings, dass Merkels tiefste Überzeugung stets exakt dort verortet ist, wo der Mainstream es verlangt. Temporär, versteht sich- bis der Wind dreht.

[tageslicht]

Seltsam. Seit Beginn der Koalitionsverhandlungen protokolliert Ihr Ressort penibel jeden CDU-Schwenk in der Landespolitik und zwar zurecht, denn davon gibt es genug. Sei es bei der S-Bahn, der Mietenpolitik oder der A100. Und jetzt stellt sich auf einmal ein Ressortleiter hin, und sagt, die CDU hat eigentlich gar nichts bekommen. Das mag eine für sich genommen vielleicht subjektiv so wahrgenommene AUffassung sein, für die es sicherlich Gründe gibt, sie steht aber in krassem Wiederspruch zu bisherigen Berichten und lässt den Berlin-Teil der Taz somit recht inkohärent wirken.