Kommentar: Behindertenpolitik : Mehr Druck nötig
Der Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik ist begrüßenswert. Weg von der Fürsorge, hin zur gleichberechtigten Teilhabe will sich die Politik mit ihrer neuen Gesetzgebung bewegen. Es kommt zwar spät, aber ist erfreulich, dass heute ein selbstverwaltetes Budget für geistig Behinderte diskutiert wird und Barrierefreiheit in allen Bereichen zum Ziel geworden ist.
Nordrhein-Westfalen ist mit seinem Gleichstellungsgesetz auf dem richtigen Weg und hat eine kompetente und engagierte Landesbehindertenbeauftragte berufen, die auch von weiten Teilen der Behindertenverbände getragen und akzeptiert wird. Doch wenn diese sich über einige Erfolge ihres Engagements freuen kann: Viele Kommunen und Kreise lassen sich mit der Umsetzung des Gesetzes viel Zeit. Wenn erst 50 Städte und Gemeinden im Land eine kommunale Gleichstellungsbeauftragte ernannt haben und bei den Kommunalwahlen nur jedes zweite Wahllokal für Behinderte zugänglich war, dann wird das Gesetz noch nicht ernst genommen. Die Landesbeauftragte aber kann die Kommunen nur ermahnen, Sanktionen sind nicht vorgesehen.
Zu einer Verzögerung der Umsetzung führen auch die im Gleichstellungsgesetz verankerten unkonkreten Zielvereinbarungen, die Kommunen und Behindertenverbände vor Ort treffen sollen. Zeitraum und Art der Gleichstellungsmaßnahmen sind von den Beteiligten selbst zu bestimmen. Das gibt den Kommunen und Kreisen die Möglichkeit, sich mit ihrer schlechten finanziellen Lage zu entschuldigen. NATALIE WIESMANN