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Kommentar Bayerisches KonkordatDeutschland, ein Kirchenstaat

Kommentar von Ralph Bollmann

Die Forderung der Bayerischen Grünen, das Konkordat Bayerns mit den Katholiken von 1924 aufzukündigen, richtet sich zu Recht gegen die heillose Vermischung von Staat und Kirche.

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8 Kommentare

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  • JL
    Jens Luithle

    Ich verstehe nicht, warum ich mich erst rechtshistorisch kundig machen muss, um beurteilen und diskutieren zu können, ob die finanziellen Zuwendungen für die Kirche aus unser aller (!) Steuergelder rechtmäßig ist.

    Diese Zuwendungen sind juristisch wie moralisch untragbar. Punkt.

    Erklären Sie -ohne historisch-juritschische Ausführungen- einem Nicht-Mitglied der ev/kath, warum er diese Institutionen finanziell bei der Ausübung ihres Tuns unterstützen unfreiwillig muss.

    Und bitte: es geht nicht um den Unterhalt von Kindergärten etc. pp. sondern um z.B. Bischofsgehälter.

    Dafür kann kein Mensch mit funktionsfähigem Gerechtigkeitsempfinden einen guten Grund finden!

     

    So oft ich diese Frage stelle erhalte ich entweder unsniniges Gefasel, Beleidigungen oder Stille.

    Noch nie habe ich ein gutes Argument für den Erhalt des Stauts Quo gehört!

  • AH
    Andreas Hitzel

    @Lehrhauer: Ihre Aussagen sind leider nicht stichhaft sondern sehr beleidigend und auch objektiv falsch. Die Kirche hat ihr Eigentum im Feudalsystem nicht durch Mord und Verbrechen angehäuft. Diese Behauptung klingt sehr nach SED Propaganda und bestätigt leider erneut meine Vorurteile vom klassischen Leserklientel der TAZ. Die Besitztümer der Kirche im Mittelalter und der Neuzeit gehen fast ausnahmslos auf kaiserliche Lehen und Schenkungen zurück, die sich auf tradierte Verträge und Rechtstiel gründeten. Ich empfehle Ihnen hierfür die Lektüre des Artikels "Ottonisch-salisches Reichskirchensystem" auf Wikipedia. http://de.wikipedia.org/wiki/Ottonisch-salisches_Reichskirchensystem

     

    Ebenfalls bitte ich Sie in Zukunft Ihre Aussagen besser im Bezug auf Wahrheitsgehalt und Aggressivität abzuwägen. Dieses blinde und hasserfüllte linke Kirschenbashing ist meines Erachtens nach sehr primitiv und zeugt von einem gestörten Verhältnis gegenüber der eigenen Geschichte, Kultur und Herkunft.

  • L
    Lehrhauer

    Nun Herr Hitzeld,

    da lehnen Sie sich aber weit aus dem Fenster, zu weit. Erst wenn Sie mir glaubhaft sagen können, woher denn die Kirche das "Enteignete" hatte, will ich Ihnen folgen.

    Vom lieben Gott oder Jesus persönlich?

    Jesus war arm und predigte das auch. Sie wissen: "Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als das ein Reicher in den Himmel kommt" -sagte er.

    Was war also an dieser Enteignung kritikwürdig?

    Ich glaube zu wissen, dass die Kirche ihren Besitz durch Lug und Trug, Erpressung und Drohung mit dem Fegefeuer, der ewigen Verdammnis der Seelen u.a.m. erschwindelt hat, sie hat Sklaven als Kirchengut zur Erlangung ihres Reichtums gehalten und ausgebeutet.

    Sicherlich schon gehört von Abführung des Zehnten, Ablasshandel, Bann, Bulle und Exkommunikation zur Erlangung von "Schenkungen" kleiner Vermögen aber auch ganzer Länder und Reiche.Von Kreuzzügen und damit verbundenen Plünderungen in unermesslichem Ausmaß.

    Keine Möglichkeit der Erlangung und Mehrung ihres materiellen Reichtums, auch durch kriminelle Machenschaften, hat die Kirche ausgelassen - bis heute..

  • AH
    Andreas Hitzel

    Sehr geehrte TAZ-Redaktion,

     

    die historische Bildung mancher Ihrer Autoren ist leider nicht dem Niveau einer großen deutschen Zeitung würdig.

    Die finanziellen Zuwendungen des Staates an die Kirchen sind nicht vom Himmel gefallen, sondern die Folge des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803.

    Im Jahr 1803 haben die deutschen Fürsten das Eigentum (und zwar das gesamte Eigentum) der Kirchen vollständig enteignet und eingezogen. Die Kirchen, denen durch kaiserliche Lehen zuvor beinahme 15% des deutschen Grundbesitzes gehörte, waren von heute auf morgen absoulut mittellos.

    Dieser einst kirchliche Besitz ist zum überwiegenden Teil heute immer noch im Eigentum des deutschen Staates, die Einkünfte aus Pacht und Miete fließen in die öffentlichen Kassen.

    Angesichts dieser erheblichen Einkünfte aus willkürlichen Zwangsenteignungen halte ich es für haarstreubend, nein, eingentlich schon für kriminell zu monieren, dass die Kirchen dafür heute jährlich einige Milliarden zur Erhaltung Ihrer Bauwerke und zum Betrieb gemeinnütziger Einrichtungen enthalten.

    Wenn es dem deutschen Bürgern nicht passt, dann sollten Sie fordern, dass diese alten Zwangsenteignungen rückgängig gemacht werden. Daraufhin wäre es legitim staatliche Unterstützungen zu streichen.

    Ansonsten stehen die staatlichen Zuwendungen auf moralisch und rechtlich legitimen Boden.

     

    Lieber Herr Bollmann,

     

    ich halte es für etwas gewagt zu behaupten, dass der Staat mit "hoheitlichen Zwangsmitteln" für die Kirche Steuern einzieht.

    Die Finanzämter ziehen zwar die Kirchensteuer ein, jedoch nur bei Kirchenmitgliedern und gegen entsprechende Entschädigung seitens der Kirchen (beinahe 10% der Kirchensteuer).

    Davon abgesehen kann heuzutage niemand ernsthaft behaupten, dass diese Kirchensteurn verschwendet werden.

    Die Ausgaben und Einnahmen eines jeden deutschen Bistums sind öffentlich zugänglich.

    Außerordentlich erstaunlich finde ich es, dass Sie desweitern noch die fehlende Schnittmenge von Konkordat und Verfassung beklagen.

    Diese Frage stellt sich ert gar nicht.

    Alle Konkordate, die heute noch gültig sind, wurden Anfang der 50er entweder vom Bundes- oder Landtag bestätigt.

    Außerdem unterstehen diese Konkordate zwischen dem hl. Stuhl und der Bundesrepublik nicht der Verfassung, sondern dem Völkerrecht.

    Ein einseitiges Aufkündigen der Konkordate liegt daher nicht in den Kompetenzen der deutschen Bundesregierung.

     

    Herr Bollmann, ich bitte Sie zukünftig etwas besser und genauer zu recherchieren, bevor Sie irgendwelche antiklerikale Propaganda vom Leder ziehen.

    Zwar ist die TAZ ein linkes Blatt, auf SED Propaganda Niveau ist sie jedoch noch nicht gefallen.

  • TB
    Thomas Brauer

    Meine Frau und ich haben vor zwei Wochen unsere Tochter in einer städtischen Gemeinschaftsgrundschule in der Nähe von Köln eingeschult. Auf der allgemeinen Einschulungsfeier traten ein Vertreter der katholischen Kirche und ein evangelischer Pfarrer auf. Auf folgende Anfrage unsererseits: "In dem Telefonat versuchte ich, Ihnen zu verdeutlichen, dass es weltlichen Eltern wie meiner Frau und mir u. E. nicht zuzumuten ist, sich im Rahmen einer Einschulungsfeier an einer städtischen Gemeinschaftsgrundschule zu seinem Glauben bekennen zu müssen indem man z.B. nicht aufsteht, wenn religiöse Lieder gesungen werden und dass es u.E. auch nicht zumutbar ist, dass unser Kind ohne unser Einverständnis gesegnet wird. Ich fragte Sie, ob Sie dafür Verständnis haben." antwortete der ev. Pfarrer u.a.(Alle Namen von mir anonymisiert): "- Ja, ich halte Sie für einen dogmatischen Menschen, und zwar im negativen Sinne. Den Quertreiber möchte ich zurücknehmen, denn dieser Ausdruck ist mir eigentlich zu positiv für Ihr Verhalten. „Störenfried“ wäre wohl besser, denn mit dem von Ihnen geäußerten Ziel „an der XY-schule für eine größere weltanschauliche Neutralität“ zu „sorgen“, deuten Sie an, wogegen sich Ihr Sinnen und Trachten richtet.

     

    Ich höre das mit Sorge und kann Ihnen versichern, dass Sie dabei nicht nur in mir, sondern auch in Herrn XY und in weiten Teilen der Elternschaft unseres Dorfes eine profilierte Gegnerschaft finden werden. Inwieweit dieser Umstand einem gedeihlichen Zusammenleben an anderer Stelle förderlich ist, dürfen Sie abwägen. Insofern halte ich den Ausdruck „Störenfried“ für angemessen."

     

    Der Vorgesetzte des Pfarrer hat sich gestern bei uns entschuldigt, auf eine schriftliche Entschuldigung warten wir noch.

     

    Unser Beispiel passt doch zum Thema: "Deutschlamnd, ein Kirchenstaat" Oder?

     

    P.S. Sollte die taz Interesse haben, die weitere Entwicklung dieses Falles zu verfolgen, dann meldet euch bitte per E-Mail bei mir

  • RB
    Ralf Böhm

    Nach meinem Wissen ziehen die Kirchen (ev. + kath. Kirche zusammen) jedes Jahr ca. 9 Milliarden Euro an Kirchensteuern von ihren Mitgliedern ein. Darüber hinaus subventionieren Bund, Länder und Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland die Kirchen jedes Jahr mit über 14 Milliarden Euro aus dem allgemeinen Steuertopf - teilweise durch Steuerbegünstigungen. Zusätzlich noch einmal ca. 10 Milliarden Euro jährlich erhalten die Kirchen für kirchliche Sozialeinrichtungen, die der Staat damit zu weit über 90 Prozent finanziert.

    Wenn diese Zahlen stimmen, ergibt sich eine einfache Rechnung: Auch wenn zukünftig der Staat die Sozialeinrichtungen zu 100 Prozent finanzieren müsste, hätte er bei Streichung der Subventionen (14 Mrd.) noch ein hübsches Sümmchen übrig.

    Quelle: www.spart-euch-die-kirche.de

  • KS
    Karl Straube

    In einem Punkt ist hier doch Widerspruch anzumelden.

     

    Zitat: "Katholiken und Protestanten können sich mit Kindergärten und Schulen, Krankenhäusern und Altenheimen als soziale Wohltäter profilieren - die Rechnung begleicht der Staat."

     

    Der Staat hätte diese kirchlichen Aktivitäten schon lange zurückgedrängt, wenn er diese selbst effizienter erledigen könnte. Die Erfahrung zeigt aber, dass schon bei der Planung solcher Einrichtungen die Kirchen ehrenamtliche Helfer gewinnen können, die der Staat nicht gewinnen könnte. Es wäre schlichtweg vieles teurer, wenn das, was die Kirchen machen, vom Staat übernommen werden würde.

    Die Kehrseite ist allerdings, dass sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche ohne Hemmungen auf den Trend zu Minijobs, Teilzeitstellen, Neubemessung von Arbeitszeit aufspringen. Z.B. wird evangelischen Pastoren inoffiziell oder halboffiziell gesagt, dass sie unter einer Vollzeitstelle eine Wochenarbeitszeit von 54 Stunden zu verstehen hätten. 40 Wochenstunden wäre sozusagen Teilzeit.

    Ob es das beim Staat jetzt auch schon gibt, ist mir nicht bekannt.

  • PD
    Prof. Dr. H. R. Seeliger

    Es geht bei den staatlichen sog. Jahresrenten für die katholischen Bischöfe in Bayern gar nicht um das Bayernkonkordat von 1924, welches lediglich das damals (wie heute) gültige Recht festhält, sondern um die Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803, der ein das Reich und in seiner Nachfolge die Bundesrepublik wie Bayern bis heute bindender völkerrechtlicher Vertrag ist, an den zu rühren aus sehr unterschiedlichen Gründen nicht möglich erscheint. Das kann man im Blick auf die Zuschüsse an die Kirchen bedauern - ist aber das letztlich kleinere Übel. Den Vertrag anzutasten brächte nämlich womöglich eine ungeahnte Lawine von Forderungen verschiedenster von Seite in Gang. Fazit: wer hier diskutieren will, muss sich rechtshistorisch kundig machen!