Kommentar Bartsch: Zweimal Nein
Die Linkspartei muss eine strategische Entscheidung treffen. Will sie, in einer Art konfrontativer Kooperation, mit der SPD Regierungen anstreben oder die SPD bloß verbalradikal überholen?
M anche Machtkämpfe sind nötig, um Fronten zu klären. Dabei geht es hart zu, auch unfair. Aber kaum eine Richtungsentscheidung geht ohne Kämpfe ab - in allen Parteien.
Bei den Linken ist Dietmar Barsch aus dem Machtzentrum herausgedrängt worden. Das ist ein Sieg für West-Linke, die oft radikal sind oder zumindest so reden. Und es ist ein Fiasko für die Ex-PDS, die auf unschöne Weise einen ihrer Repräsentanten verloren hat. Es geht aber nicht um Stilfragen, sondern darum, ob dieser Machtkampf nötig war. Hat Bartschs Abgang etwas geklärt? Ist die Linkspartei nun strategisch klarer?
Zweimal Nein. Nichts ist klar. Noch nicht mal, ob Bartsch geopfert wurde, damit Lafontaine Parteichef bleibt. Denn das wird sich erst im Februar zeigen. Die Partei hat einen ihrer fähigsten Taktiker verloren und nichts gewonnen. Und die interne Ost-West-Spannung ist noch größer als vorher.
Warum also dieser Rauswurf? Bemerkenswerterweise haben einige Bartsch vorgeworfen, dass er sich mit SPD-Chef Gabriel getroffen hat. Bislang hat stets die SPD solche Kontakte skandalisiert, aus Angst vor den Erfolgen der Linkspartei. Nun scheint die Linkspartei Angst vor der SPD zu bekommen. Denn die SPD rückt in der Opposition unter Sigmar Gabriel langsam von Hartz IV, der Rente mit 67 und dem Bundeswehreinsatz in Afghanistan ab. Damit kommt die Linkspartei im Westen mittelfristig in die Bredouille. Denn diese drei Themen sind der Treibstoff ihres Aufstiegs.
Die Linkspartei muss eine strategische Entscheidung treffen. Will sie, in einer Art konfrontativer Kooperation, mit der SPD Regierungen anstreben oder die SPD bloß verbalradikal überholen? Bislang hat die Linkspartei dieses Problem noch gar nicht begriffen. Die Affäre Bartsch lässt nichts Gutes ahnen für den Fall, dass sie es versteht.
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