Kommentar Bankendaten: Deckmantel Antiterrorkampf
Unter dem Deckmantel des Antiterrorkampfes sollen amerikansiche Geheimdienste Einblick in Europas Bankgeschäfte bekommen. Die Daten können dann in amerikanischen Rastern auftauchen.
I n der Nähe von Zürich entsteht gerade ein großes Rechenzentrum, in dem künftig die Kontoverbindungsdaten der Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication, kurz Swift, abgelegt werden sollen. Die Gesellschaft wickelt internationale Bankgeschäfte ab und sorgt dafür, dass Bürger international problemlos Gelder überweisen und empfangen können.
Wenn es nun nach der EU-Kommission geht, bekommen diese hochsensiblen Daten bald eine gigantische Hintertür: Die Brüssler Bürokraten wollen amerikanischen Diensten breiten Einblick in die Bankgeschäfte europäischer Bürger ermöglichen - unter dem Deckmäntelchen der Terrorbekämpfung.
Die per Swift verfügbaren Datenmengen sind schlicht unvorstellbar: Tag für Tag werden dort durchschnittlich 15 Millionen Transaktionen abgewickelt. Billionen Euro fließen über das Netzwerk. Mag man noch halbwegs verstehen, dass die Amerikaner ein Interesse an Kontobewegungen zwischen ihnen und dem Rest der Welt haben - der Zugriff auf Swift geht aber zu weit.
Das System enthält nämlich neben Transaktionen zwischen der EU und dem Rest der Welt mal eben auch alle innerhalb Europas abgewickelten Bankgeschäfte inklusive sogenannter Eilüberweisungen innerhalb einzelner Länder, darunter auch Deutschland. Das heißt: Wer dieses komfortable Verfahren nutzt, um seiner Oma kurz vor Toresschluss ein Weihnachtsgeschenk zu überweisen, taucht möglicherweise im Raster amerikanischer Geheimdienste auf.
Immerhin ist nun das EU-Parlament aufgewacht und hat bemerkt, dass die Kommission gerade versucht, ein derart unfassliches Projekt ausgerechnet in der Ferienzeit durchzudrücken. Schon jetzt gibt es umfassende Informationsgebote in Richtung Washington, etwa was Flugpassagierdaten anbetrifft. Die Aktivitäten dieser Datenkrake gehören schnellstmöglich unterbunden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid