Kommentar BP und das Ölleck: Atombombe als letzte Lösung?

Die Diskussion um die "kleine" Atombombe, um das Ölleck zu schließen, zeigt den Irrsinn unserer Lebensweise. Wir müssen alternative Lebensstile entwickeln - ohne Öl.

Das Gruseln geht weiter: Es gibt neue kleinere Lecks und "Anomalien" am Meeresboden, schreibt die New York Times. In kleinen Kreisen wird diskutiert, die verheerende Dauer-Öl-Katastrophe notfalls durch das Zünden einer Mini-Atombombe zu beenden. Deren Wucht soll alle Lecks und alle Löcher in einem riesigen Krater verschwinden lassen.

Dass dies eine ernsthafte Option ist, zeigen die Äußerungen verschiedener Wissenschaftler. Russische Ingenieure haben bei Gasleckagen schon auf dieses letzte Mittel zurückgegriffen. Ein Einsatz unter Wasser ist allerdings so noch nie erprobt worden und zeigt, welch irrsinnige und unkalkulierbare Risiken erwogen werden. Es gilt: Im Ernstfall hilflos und kopflos.

Nicht weniger gruselig ist die Vorstellung, dass auch ohne den Einsatz einer "kleinen" Atombombe das angebohrte Ölfeld aufbrechen könnte. Auch dazu gibt es ernsthafte Befürchtungen. Das monatelang herausschießende Öl, das Sand und Gestein mitführte, hat wie ein Sandstrahlgebläse gewirkt und den Meeresboden destabilisiert. Worst case: Er gibt tatsächlich nach und das gesamte Ölfeld ergießt sich in den Ozean.

Manfred Kriener ist Autor der taz.

Nach diesen verheerenden Szenarien die Offshore-Förderung einfach weiterzutreiben, ist undenkbar. Und doch wird es genauso kommen. Denn die alten großen Ölfelder der Erde, die sämtlich schon vor 50 bis 70 Jahren entdeckt wurden, liefern jedes Jahr sechs Prozent weniger Öl. Diese Lücke muss geschlossen werden, auch wenn es immer schwieriger, teurer, lebensgefährlicher wird und an physikalische Grenzen stößt.

Die Grenzen der Ölförderung zu erkennen und zu akzeptieren hieße Abschied nehmen von unserem ölfressenden Lebensstil. Also wird weiter gebohrt und gefördert: in der Tiefsee oder im arktischen Shtokman-Feld, wo Ölplattformen bald wie Geisterschiffe zwischen driftenden Eisbergen schaukeln werden. Die Welt braucht täglich 85 Millionen Barrel Öl - ein Güterzug von 2.000 Kilometer Länge! Koste es, was es wolle.

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Manfred Kriener, Jahrgang 1953, ist Umweltjournalist und Autor in Berlin. Themenschwerpunkte: Klima, Umwelt, Landwirtschaft sowie Essen & Trinken. Kriener war elf Jahre lang taz-Ökologieredakteur, danach Gründungschefredakteur des Slow-Food-Magazins und des Umweltmagazins zeozwei.. Zuletzt erschienen: "Leckerland ist abgebrannt - Ernährungslügen und der rasante Wandel der Esskultur". Das Buch schaffte es in die Spiegel-Bestsellerliste und wurde von Umweltministerin Svenja Schulze in der taz vorgestellt. Kriener arbeitet im Journalistenbüro www.textetage.com in Kreuzberg.

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