piwik no script img

Kommentar AutokonzerneOpel ist ein Sonderfall

Kommentar von Richard Rother

Die deutsche Automobilindustrie will ein Hilfspaket vom Staat. Zumindest Opel könnte damit vom Problemfall zum Vorbild werden.

Was die Amis kriegen, möchten die europäischen Autokonzerne auch haben. Kaum werden die Gespräche über Sonderhilfen für die General-Motors-Tochter Opel ernsthaft geführt, mehren sich die Stimmen, die ein Hilfspaket auch für die europäische Automobilindustrie forden. Immerhin wird den kriselnden US-Autokonzernen ein 25-Milliarden-Dollar-Programm in Aussicht gestellt. Hinter solchen Forderungen steckt allerdings nichts weiter als eine Mitnahmementalität der Industrie; nötig sind die Hilfen nicht, abgesehen von Opel.

Ein Blick auf die Bilanzen des vergangenen Jahres belegt das: Daimler erzielte 2007 einen Gewinn von 7,7 Milliarden Euro, VW machte über 4 Milliarden Euro, Fiat erwirtschaftete 3,2 Milliarden, Peugeot-Citroën strich 885 Millionen ein, und Porsche sackte im letzten Geschäftsjahr gar 8,5 Milliarden Euro ein. Bevor öffentliches Geld - das letztlich für Bildung, Umweltschutz und Soziales fehlen wird - in die Autoindustrie gepumpt wird, müsste diese nachweisen, was sie mit ihren Erlösen angestellt hat. Gewinne zu reinvestieren, sollte für Unternehmen ja das Normalste der Welt sein.

Etwas anders die Lage bei Opel: Zwar hat der Konzern, der durchaus vernünftige Klein- und Familienwagen produziert, in den vergangenen Jahren Fehler gemacht - etwa indem er zu billig produzierte, was zu Qualitäts- und Imageproblemen führte. Diese Fehler wurden aber weitgehend korrigiert, auch wenn sich das noch nicht in besserem Absatz niederschlägt. Jetzt braucht Opel Kapital für die Weiterentwicklung seiner Modelle. Solange aber die Pleite der Muttergesellschaft droht, gibt keine Bank der Welt Opel Kredite. Daher der Wunsch nach einer staatlichen Bürgschaft.

Opel wird diese voraussichtlich bekommen - kein Politiker kann sich den Zusammenbruch eines so wichtigen Konzerns leisten. Denn der würde nicht nur Zulieferer betreffen, sondern die allgemeine Krise dramatisch verschärfen. Wichtig ist aber, dass die Bürgschaft an klare Bedinungen geknüpft ist: kein Versacken des Geldes bei GM, Standort- und Arbeitsplatzgarantien, kein Lohndumping, Entwicklung sparsamer und klimafreundlicher Fahrzeuge. So könnte Opel vom Problemfall zum Vorbild werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!