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Kommentar Arbeitslosengeld-StreitGeschickt geführter Machtkampf

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

SPD-Chef Kurt Beck macht das Richtige: Er positioniert die Partei neu.

W as Kurt Beck derzeit tut, war überfällig. Er zieht die Notbremse. Denn seit Gerhard Schröder der SPD von oben die Agenda 2010 verordnete, taumelt die Partei von einer Krise in die nächste. Sie hat massiv Mitglieder verloren, frühere Hochburgen wurden geschleift. Ihr Selbstverständnis als Anwalt der kleinen Leute ist ramponiert, ohne dass ein anderes an dessen Stelle getreten wäre. Auch dass sich erstmals seit 80 Jahren links von ihr eine zweite sozialdemokratische Partei etablieren konnte, ist ein Erbe der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder.

Dass Beck nun den hochsymbolischen Streit um die Verlängerung des Arbeitslosengeldes für Ältere bis zum Ende durchzieht, zeigt, dass er seinen Job als Parteivorsitzender ernst nimmt. Schröder hatte die Partei zum Anhängsel des Kanzlerlamtes degradiert. Beck zeigt, dass er die Partei wieder in ihr Recht setzen will.

taz

Stefan Reinecke ist Redakteur der taz und Autor des Buches "Otto Schily. Vom RAF-Anwalt zum Innenminister".

Mit der Verlängerung des Arbeitslosengeldes I für Ältere will Beck die Agenda 2010 nicht abschaffen. Es geht darum, zu korrigieren, was die sozialdemokratische Stammklientel verständlicherweise als Affront empfindet. Wer jahrzehntelang arbeitete und in die Arbeitslosenversicherung einbezahlte, wird im Falle der Entlassung nach nur zwölf Monaten zum Hartz-IV-Empfänger. Dies empfinden viele, und keineswegs nur SPD-Linke, als eklatante Ungerechtigkeit - gerade, weil darin eine Geringschätzung der Arbeit liegt.

Mit dem Arbeitslosengeld I hat Beck das Feld, auf dem der Machtkampf mit den "Schröderianern" ausgetragen wird, geschickt gewählt. Der SPD-Parteivorstand wird in einer Kampfabstimmung zwischen Beck und Müntefering entscheiden. Alles andere als ein klares Votum für den SPD-Chef wäre ein Wunder - und auch ein Fiasko, weil die Sozialdemokraten sich dann wohl mal wieder einen neuen Vorsitzenden suchen müssten.

Kurt Beck umgab als SPD-Parteivorsitzender bisher etwas Unentschiedenes, Diffuses, schwer Greifbares. Diese Haltung scheint er abgestreift zu haben. Die Richtung, die er einschlägt, ist deutlich - und sie wird der Partei nutzen. Die Frage ist, ob diese Kurskorrektur schon ausreicht.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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