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Kommentar Arbeitslosengeld IBeitragszahler zweiter Klasse

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Häufig arbeiten Menschen nicht lange genug, um Arbeitslosengeld I zu bekommen. Arbeitslosengeld II bekommen sie aber auch nicht. Nun könnte sich das ändern – gut so.

E s ist eine Gerechtigkeitslücke, die vor allem unstetig Erwerbstätige betrifft: Wer immer nur kurz sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, erwirbt in vielen Fällen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I, sondern bestenfalls auf den Bezug von Arbeitslosengeld II (Hartz IV). SPD und Grüne bringen jetzt in den Bundestag zwei Anträge ein, um die Anspruchsvoraussetzungen auf Arbeitslosengeld I zu senken. Das ist gut. Die Union will marginal nachbessern, doch das wird nicht reichen.

Das Problem verschärft sich durch den unterschiedlichen Status von Arbeitslosengeld I und Arbeitslosengeld II. Ein Beispiel: Jeder vierte Zeitarbeiter war in den zwei Jahren vor der Beschäftigung weniger als zwölf Monate lang sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Diese Leute zahlen während ihrer Tätigkeit zwar Beiträge in die Arbeitslosenversicherung ein, doch die Anwartschaft reicht nicht aus, um im Fall der Kündigung tatsächlich Arbeitslosengeld I zu bekommen.

Arbeitslosengeld II kriegen sie aber auch nicht, wenn der oder die PartnerIn einigermaßen verdient. Die prekären Existenzen von LeiharbeiterInnen oder KünstlerInnen werden solcherart zur Sozialversicherung herangezogen, es kommt aber keine Gegenleistung. Nach den Anträgen von SPD und Grünen würde sich das ändern.

Bild: taz
BARBARA DRIBBUSCH

ist Redakteurin für Soziales im taz-Inland-Ressort.

Die Arbeitgeber warnen sogleich vor "Fehlanreizen". Tatsächlich belegen Studien Fälle von Arbeitslosengeld-I-EmpfängerInnen, die dazu neigen, einen Anspruch auf die Leistung auszuschöpfen und sich daher weniger intensiv um einen Job zu bemühen. Das gibt es, doch dies darf nicht dazu führen, alle unstetig Beschäftigten quasi in Kollektivhaft zu nehmen und ihnen das Arbeitslosengeld I von vornherein zu verweigern. Der psychologische Diskurs zu "Fehlanreizen" spielt sich auf einer anderen Ebene ab und ist in diesem Fall abzulehnen. Wer Sozialversicherungspflicht fordert, darf keine BeitragszahlerInnen erster und zweiter Klasse schaffen.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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2 Kommentare

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  • G
    Gier

    Die Arbeitgeber, die "Zwangsarbeiter" einstellen, sollten erst mal dafür Sorge tragen, dass sie anständige Beschäftigungsverhältnisse schaffen,bevor sie ihren Senf dazu geben. Dann bestände das oben genannte Problem weniger. Wer selbst den Hals nicht voll kriegt, lässt lieber andere darben, bevor er von seiner Gier erstickt wird.

  • I
    ilmtalkelly

    Wen wundert´s, dass bei derart niedrigen Löhnen der Zeitarbeit-Branche der eine oder andere geneigt ist, Kasse bei der Arbeitsagentur zu machen. Das verdeutlicht, was das eigentliche Problem ist.