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Kommentar AntisemitismusSchlimmer als Hakenkreuze

Kommentar von Klaus Hillenbrand

Hakenkreuze kann man abwaschen, die Täter verurteilen. Gegen antisemitische Tiraden in der Alltagssprache hilft der Ruf nach dem Staatsanwalt kaum.

E s besteht kein Grund zur Aufregung. Etwa 20 Prozent der Deutschen hängen einem latenten Antisemitismus an. Das ist europäischer Durchschnitt, konstatieren die Autoren der Studie "Antisemitismus in Deutschland", verfasst im Auftrag des Bundesinnenministeriums.

Immerhin sind die Osteuropäer noch ein bisschen schlimmer als die Westeuropäer. Gewalttaten gegen Juden bewegen sich hierzulande auf einem niedrigen Niveau. Das jüdische Leben in der Bundesrepublik ist gesichert, und sei es durch die massive Präsenz der Polizei vor jüdischen Einrichtungen.

Es besteht kein Grund zur Aufregung? Die Studie vermeldet ein wachsendes Eindringen judenfeindlicher Äußerungen in den Alltag. Was früher tabuisiert war, regt heute kaum mehr auf: antisemitische Bemerkungen am Biertisch, gegenüber gänzlich Unbekannten im öffentlichen Raum, in Fußballstadien. "Jude" ist wieder zum Schimpfwort geworden.

Bild: taz
KLAUS HILLENBRAND

ist Chef vom Dienst der taz-Printausgabe.

Damit werden Gruppen oder Einzelpersonen bezeichnet, die man mit besonderer Verachtung belegen will. So entwickelt sich der öffentlich geäußerte Antisemitismus von einem geächteten Randphänomen, den allenfalls ein paar notorische Neonazis auszusprechen wagten, zum gesellschaftlich akzeptierten Normalzustand. Das ist schlimmer als die regelmäßigen Hakenkreuzschmierereien auf jüdischen Friedhöfen. Und es ist wesentlich gefährlicher.

Die Hakenkreuze kann man nämlich abwaschen, nach den Tätern kann man fahnden und sie im günstigen Fall festnehmen und verurteilen. Wenn sich aber erst einmal antisemitische Tiraden in die Alltagssprache eingenistet haben, hilft dagegen nur in den seltensten Fällen der Ruf nach dem Staatsanwalt.

Nun mag man einwenden, dass der tabuisierte Antisemitismus der vergangenen Jahrzehnte nicht besser gewesen sei, weil ein Tabu niemals helfen kann, Vorurteile zu überwinden. Doch dieses Argument greift zu kurz: zum einen, weil es diejenigen vergisst, die als Betroffene mit den antisemitischen Tiraden direkt konfrontiert werden. Zum anderen, weil einmal akzeptierte Äußerungen eine Außenwirkung entfachen können, die stereotype Vorstellungen noch weiter verstärken, sodass das Vorurteil Einzelner zu einer Norm in der Gruppe wird.

Es gibt keine einfache Antwort auf den verbalen Antisemitismus. Aber eins ist sicher: Es besteht Grund zur Aufregung. Und zwar nicht nur am 9. November.

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taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
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13 Kommentare

 / 
  • I
    ich

    Könnte der zunehmende Antisemitismus im Zusammenhang mit der Menschenverachtenden Politik Israels zusammenhängen?

  • A
    antiantiantianti

    @ Izhak Arafa

     

    Na das sind ja 1A Argumente eines Islamisten. Mit dem 16. Jahrhundert sprechen sie wohl die Spanische Inquisition an, hervorgerufen durch eine langjährige Unterdrückung der Einwohner durch Mauren bei der man entweder die "Dschizya/Steuer" zahlen oder konvertieren mußte, und viele Mauren sich bei der Rückeroberung und Vertreibung als Juden ausgaben. Mit dem 19 Jahrhundert meinen sie Zar Nikolaus den I. der keine Lust mehr auf die religiösen Spannungen in seinem Land hatte die zudem seine Herrschaft aufgrund "göttlicher Rechtmäßigkeit" in Frage stellten, und einfach alle unter einer Einzigen vereinen ließ. Es ging also in beiden Fällen nicht explizit gegen die Juden. Desweiteren ist ihre Aussage über den "jüdischen Kolonialstaat" sehr fragwürdig, war das osmanische Reich doch nichts anderes. Ebenso ihre Aussage, Israel sei das heilige Land der Muslime, dies ist erstens Saudi-Arabien und zweitens Propaganda. Oder wollen sie allen Ernstes, den Traum in dem ihr Prophet auf dem frauenköpfigen Pferd Burak die Distanz von 1.000 Kilometern in nur einer Nacht überwand um eine Moschee zu besuchen die erst 79 Jahre nach seinem Tod gebaut wurde, als Grundlage für Politik nehmen? Wollen wir den Koran oder die Hadithen zitieren, welche Rache für die Juden vom muslimischen Gott vorgesehen ist? Haben sie im übrigen vergessen dass das erste Progrom gegen Juden auf europäischen Boden von Muslimen im Massaker von Granada verübt wurde? Sie informieren sich besser mal selbst als irgendwelche historisch nicht nachvollziehbare Propaganda nachzuplappern.

  • K
    Kaboom

    @broxx & Co.

     

    Interessant wie die dumpfe Blut- und Boden-Ideologie der klassischen Nazis bei den Neubraunen, den selbsternannten "Islamkritikern" eine neue Heimal gefunden hat, wie Sie hier anschaulich belegen.

    Warum übernehmen Sie und Ihre Brüder im Geiste nicht einfach den Terminus "Volksdeutsche" von ihren geistigen Vorgängern? Dann müssen Sie auch nicht so seltsame Wortkonstruktionen wie "eingebürgerte", "Bereicherer" etc. bemühen. Und jeder weiss genau wovon Sie reden.

  • IA
    Izhak Arafat

    @Broxx, @Sara, @Hartung: mit euch ist Deutschland vielleicht nicht Weltmeister im Fussball, aber auf jeden Fall Weltmeister der Heuchelei. Also, ihr glaubt zu wissen, dass Antisemitismus von den Ausländern propagiert wird, ja ? Und natürlich nicht alle Ausländer, sondern nur die muslimischen, nicht wahr ? Pech für euch, die Geschichte sagt was anderes, nämlich dass die größten Feinde der Juden die Christen sind: erst haben die Spanier die Juden verfolgt, im 16. Jahrhundert, dann haben die Russen die Juden gejagt, im 19. Jahrhundert, und schließlich die Deutschen im 20. Jahrhundert. Heute jagen die Juden die Araber. Wenn also ein Araber, oder aus Solidarität ein nicht-arabischer Muslime, anti-jüdische Parolen verzapft, dann einzig und allein aus Frustration über die arabische Demütigung durch den jüdischen Kolonialstaat. Wenn diese Demütigung morgen aufhört, spricht übermorgen kein Muslime mehr über die Juden oder die Israelis. Egal, was im Koran steht oder nicht: die Juden waren bei den Muslimen immer gern gesehen. Von der "Reconquista" im 15. Jahrhundert bis zum zionistischen Projekt haben die Juden in Staaten mit muslimischer Mehrheitsbevölkerung Schutz gesucht. Schutz vor wem ? Vor den anti-jüdischen Christen !!! Wenn die paar reichen Europäer nicht die schlechte Idee gehabt hätten, einen jüdischen Staat mitten im heiligen Land der Muslime zu errichten, wären Juden und Muslime heute noch die besten Freunde. Was lernen wir daraus ? Es gibt einen Unterschied zwischen dem irrationalen christlichen Antisemitismus ("sie haben Jesus getötet") und dem legitimen muslimischen Antijudaismus ("sie haben mit Hilfe der Kreuzritter wieder mal das heilige Land besetzt"). Im übrigen wäre es ganz interessant zu erfahren, wie hoch die Islamophobie bzw. die Arabophobie innerhalb der jüdischen Gemeinde ist. Aber für solche Studien müssen wir wahrscheinlich noch mal 100 Jahre warten...

  • A
    antiantiantianti

    Es waren Muslime in Konzentrationslagern? Sprechen sie da von der SS Division Handschar und Kama, kroatische Muslime die durch den Großmufti Mohammed Amin al-Husseini zum Aufspüren von Juden eingesetzt wurden?

     

    Wußten sie dass man deswegen bei den Nazis nicht mehr das Wort Antisemitismus benutzt hat, weil man ja in der Muslimbruderschaft Verbündete gefunden hatte?

  • W
    Webmarxist

    Man sollte die Menschen durch die Konzentrationslager führen und zeigen, was den Juden,Muslime, Zeugen Jehovas, Schwule,Lesben,Behinderte, Sozialdemokraten,Kommunisten und Widerstandskämpfer dort angetan worden ist. Antisemitische Äußerungen haben in einer Demokratie nichts zu suchen.

  • KH
    Klaus Hartung

    Wow. Da bringt es Klaus Hillenbrand fertig, über "antisemitische Tiraden in der Alltagssprache" einen Kommentar zu schreiben und mit keinem Wort die beim Namen zu nennen, die er meint. Wir haben offenbar schon ein gewisses Stadium erreicht, in dem die Schere im Kopf weitgehend automatisch arbeitet.

  • A
    antiantiantianti

    @alcibiades

     

    Viel schlimmer sind die, die zu keiner Selbstkritik fähig sind oder Fehler immer auf andere schieben. Sind die "Leute von PI und Konsorten" etwa ihre "Juden"? Wo unterscheidet sich ihr Text denn vom "primitiven verborgenen Rassismus"?

     

    So wie sie schreiben habe ich regelrecht das Bild vor Augen, wie sie sich zu ihren Kumpels auf dem Schulhof wenden und lästern, damit sie alle toll finden.

  • A
    alcibiades

    Auch zum Kotzen: diese unmöglichen Leute von PI und Konsorten, die ihren blanken, primitiven Rassismus hinter einer Maske scheinbarer Israelfreundlichkeit zu verbergen suchen. Einen Text, der zunehmenden Antisemitismus beklagt, zur Absonderung von stereotypem Gelaber über die bösen Türken und Araber (gell "Broxx", "Sara", "endtheoccupation" - was für eine überhaupt?) zu benutzen, ist einfach widerwärtig. Fühlt ihr euch auch noch im Recht? Wahrscheinlich. Ihr fühlt euch ja immer im Recht. Ihr Rechten.

  • S
    Sara

    Man sollte jede Person die Judenhass propagiert ins Gefängnis stecken oder falls möglich in die Heimatländer ausweisen.

  • E
    end.the.occupation

    >> Immerhin sind die Osteuropäer noch ein bisschen schlimmer als die Westeuropäer.

     

    Ein weiterer Geniestreich aus dem Hause Hillenbrand.

  • Q
    Querdenker

    Einfach mal die Kirche im Dorf lassen.

     

    Zuerst einmal Ist das nicht aktuell und plötzlich aufgetreten sondern schon seid mind. 20 Jahren so (wenn ich mich so an meine Schulzeit erinnere).

     

    Zum zweiten sollte mann, nur weil es Juden sind, es nicht als SO skandalös hinstellen, ich meine wo sind die empörten auffschreie wenn anstatt Jude (wird im allgemeinen Sprachgebrauch ja für einen geizigen und gnauserigen Menschen genommen) Schotte oder Schwabe genommen wird. Ich führe diese Vergleiche jetzt nicht weiter, es gibt noch genug nationalitäten, welche mit zusätzlichen Deutungen irgendwelcher nicht schmeichelhaften Adjektive belegt werden.

     

    Zum dritten finde ich es fragwürdig ob mann einen Fuballfan als Antisemit darstellen kann, aus meiner Fanzeit weiß ich das die meisten Fangesänge Beleidigungen entsprechen. Dies als antisemitisch zu bezeichenen ist nr die halbe Wahrheit, die Äußerungen sind nämlich noch zusätzlich rasistisch, schwulenfeindlich und im allgemeinen gegen die Menschwürde und bestimmte auch den Genfer Konventionen.

     

    Meiner Meinung ist das bloß ein Ausdruck von sprachlichen Unvermögen (welchem ich zugegebenermaßen selber ab und zu verfalle). Es fehlt einfach am knackigen Wort der Beschreibung, um eine negative Eigenschaft an jemanden zu Beschreiben.

  • B
    broxx

    "Etwa 20 Prozent der Deutschen hängen einem latenten Antisemitismus an"

    Welche Deutschen? Die "eingebürgerten"? Denn merkwürdigerweise geht von unseren Bereicherern ein starker Antisemitismus aus, aber das will Links ja nicht sehen. Das wäre ja nicht Multikulti-Cool! Und es ist ja auch kein Kampf gegen rechts.