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Kommentar Althaus-RücktrittIns Unglück hinein geredet

Ambros Waibel
Kommentar von Ambros Waibel

Althaus hat es nach dem Skiunfall an Einkehr und Demut gefehlt. Und seine politische Entourage machte ihn zum Supermann. Nun haben ihm die Wähler gezeigt: Es geht auch ohne ihn.

E s wäre ein Fall zum Katholisch werden - nur ist das Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus bedauerlicherweise schon. Seine Nähe zur Kirche, seine Verwurzelung im katholischen Eichsfeld wurde die Nummer 1 der CDU in der selbsterklärten Toskana Deutschlands nicht müde zu betonen.

Aber zu Einkehr und Demut, schlicht zum büßenden Einfach-mal-nichts-sagen hat ihn die immer wieder und fälschlicherweise als Unfall bezeichnete fahrlässige Tötung von Beata Christandl am Neujahrstag 2009 nicht gebracht. Althaus redete sich mit Bild & Co immer tiefer in ein Unglück hinein, dem er doch eigentlich stärker, gläubiger und neu verliebt (in seine Frau) hatte entsteigen wollen. Erst der Witwer des Opfers brachte ihn kürzlich mit einer öffentlichen Erklärung endlich zum Schweigen.

Nun wird Dieter Althaus zumindest aus der ersten Reihe bundesdeutscher Politik eine Zeit lang verschwinden. Und hier ist der Punkt erreicht, an dem man den Menschen Althaus in Schutz nehmen muss. Denn der schwer traumatisierte Mann - jeder Fernsehauftritt bewies das aufs offensichtlichste - wurde von seinem privaten, politischen und medialen Umfeld zum Supermann erkärt, auf den nicht zu verzichten sei. Nun sieht man: Die Thüringer können nicht nur sehr gut ohne Althaus (und seine Politik), sie wollen sogar ohne ihn. Diejenigen hingegen, die Althaus in seinem junkiemäßigen Vorwärts-und Verdrängungsdrang hätten bremsen müssen, haben versagt.

Dass sie dabei die Mehrheit der Deutschen hinter sich hatten - im März waren 61% der Meinung, Althaus solle wieder kandidieren - wirft kein gutes Licht auf die emotionale Verfaßtheit dieses Landes. Der lange Lauf des Dieter Althaus ist nun vorerst an einem Endpunkt. Dafür kann er den Thüringern dankbar sein.

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Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
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8 Kommentare

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  • L
    Linkshänder

    Guter Bericht. Ähnlich argumentierte ich meine Meinung vor der Wahl auf Stern-Online. Mir wurde Häme vorgeworfe vom Administrator, der sogleich meinen Kommentar für immer löschte. Es war vorauszusehen, das Dieter Althaus scheitern würde. Was ist eigentlich ander CDU noch christlich? Man hätte ihm aus gesundheitlichen Gründen zum Rücktritt auffordern müssen. Auch die Familie hätte ihn schützen sollen. Ich hoffe das Herr Althaus aus seiner Vergangenheit lernt.

  • AD
    Axel Dörken

    Ich stimme in allen Punkten zu!

     

    Ein Drama, dass durch Dieter Althaus bewusst werden kann:

     

    Viele von uns, die einen mehr, die anderen weniger, sind emotionale Rollstuhlfahrer. Und selbst die anderen, also wir alle, sind emotional zumindest gehbehindert.

     

    Stichworte: Ego, Selbstbewusstsein – !BEWUSST-SEIN!

     

    Manches Kleinkind ist emotional reifer als die meissten Erwachsenen.

     

    Allerdings fängt im Kleinkindalter der Wandel an. Schon als solche wird uns vorgelebt, dass es sinnvoll ist, so viel Besitz wie möglich zu schaffen und dafür, notfalls, auch alle Werte über Bord zu werfen.

     

    Hauptsache Geld und Materielles. Dabei ist das Wesen des Lebens ideell.

     

    Liebe Grüße

    Axel Dörken

  • K
    Korkie

    "Dass sie dabei die Mehrheit der Deutschen hinter sich hatten - im März waren 61% der Meinung, Althaus solle wieder kandidieren - wirft kein gutes Licht auf die emotionale Verfaßtheit dieses Landes."

     

    Was war zu dieser Zeit falsch daran, sich hinter ihn zu stellen?

    Vergebung ist ein moralisches Prinzip.

     

    Letztlich ist er auf einer Ski-Piste falsch abgebogen, soll er für diesen Fehler mit tragischer Folge auf ewig verdammt sein?

     

    Natürlich hat er letztendlich den Rückhalt der Leute unentschuldbar missbraucht und selber das Opfer gespielt, dafür wurde er abgewählt. Richtig so, aber kein Grund um von vorneherein vom Konzept der Vergebung abzulassen.

  • V
    vic

    Abgesehen von Althaus, über den ich mich schon lange nicht mehr wundere.

    Die emotionale Verfaßtheit dieses Landes ist schlicht nicht nachzuvollziehen. Man sehe sich nur die Best Of der Politnasen an.

  • JB
    Jobangstzahmer Bürger

    Bernahrd Vogel CDU -

    "Ich will keinen Enkel der Linke wählt"....

     

    Thüringer Bürger -

    "ich will keinen Enkel der Treuhänder wählt".....

  • K
    Küstenstelze

    Wer genau hingesehen und gehört hat, als noch keiner sagen konnte,in welchem Zustand Herr Althaus wieder vor seiner Mannschaft stehen würde, der erinnert sich an die fast manischen Beteuerungen, vor allen Dingen von einer bestimmten Dame, an ihm festhalten zu wollen. Keiner wollte der Königsmörder sein. Ich habe nicht daran geglaubt, sondern es nur als strategischen Versuch gewertet, sich nicht in die Karten gucken zu lassen und Anfeindungen zu entgehen. Althaus gegenüber war das m. E. ein unfaires Verhalten. Jetzt ist er ohne Ämter, die Würde hat er zusätzlich verloren duch seine sog. pol. Freunde. So naiv konnten die gar nicht sein. Mir tut jetzt der Mann leid (und das ist vielleicht auch naiv).

  • KK
    Klaus Keller

    Einkehr und Demut haben also gefehlt,

    dann hat er das auch verdient?

    war er ihnen zuwenig katholisch, so klingt es jedenfalls.

    Mit Einkehr und Demut kann man auch lauter Bockmist politisch vertreten.

     

    der Mann hat nun "alles verloren", ich hoffe er überlebt das Ganze(familiären Rückhalt wird er hoffentlich im privaten Leben noch haben).

     

    bleibt zu beobachten ob man den am Boden liegenden noch tritt.

    Prüfsteine der politischen Kultur im Umgang mit Gegnern(innerhalb und außerhalb der cdu)

     

    klaus keller hanau

  • BM
    Britt Meyer

    Der erste Hälfte des Kommentars kann ich nur zustimmen. Unwürdig und eine Ohrfeige für die trauernde Familie des WIRKLICHEN OPFERS waren seine Versuche, sich im Wahlkampf selbst als Opfer zu stilisieren. Man muss kein Katholik sein, um von Althaus etwas mehr Buße zu fordern. Mit seiner Fahrlässigkeit hat er das Leben eines Mannes und vierer Kinder zerstört. Ich hätte in Thüringen noch eher die Linke gewählt als eine Partei, der dieser Mann vorsteht. Die meisten Menschen sind froh, dass er weg ist.