piwik no script img

Kommentar Akw-LaufzeitenDie Panik der Schwarz-Gelben

Kommentar von Ralph Bollmann

Die Schärfe des Atom-Streits erklärt sich aus seiner strategischen Dimension. Überzeugte Schwarz-Gelbe in der CDU geraten langsam in Panik: Schwarz-Grün könnte salonfähig werden.

B efürworter längerer Atomlaufzeiten hätten sich über die Äußerungen des Umweltministers eigentlich auch freuen können. Immerhin will Norbert Röttgen die Kraftwerke bis zu acht Jahre länger am Netz lassen, gleichzeitig neutralisiert er mit einer schwungvollen Ausstiegsrhetorik von vornherein jeden Widerstand.

Aber die Fraktion der schwarz-gelben Atombefürworter ist dem Minister alles andere als dankbar. Unfreiwillig gestehen die Kritiker aus den südlichen Bundesländern damit ein, dass die Atomkraft für sie eben doch mehr ist als die viel zitierte Brückentechnologie - oder dass sie diese Brücke ins Unendliche ausdehnen wollen. Besonders wurmt sie allerdings, dass ihnen der Umweltminister ihr stärkstes Argument aus der Hand geschlagen hat mit seinem nur scheinbar industriefreundlichen Hinweis, man dürfe den Stromkonzernen für längere Laufzeiten keine finanzielle Gegenleistung abpressen.

Die Schärfe des Streits erklärt sich aber nicht aus seiner inhaltlichen, sondern aus seiner strategischen Dimension. Mit wachsender Panik verfolgen die überzeugten Schwarz-Gelben, dass der Koalitionszug bei der CDU längst in Richtung Grüne fährt. Der offenkundige Flirt des Nordrhein-Westfalen Jürgen Rüttgers, die täglichen Affronts des Finanzministers gegen die Steuersenker von der FDP, die demonstrative Kühle der Kanzlerin im Umgang mit dem angeblichen Wunschpartner, dazu die schwarz-grüne Bildungsreform in Hamburg: das alles ließ Röttgens Worte zum Atomausstieg plötzlich wie ein Fanal erscheinen - obwohl er sich schon vor Monaten ebenso geäußert hatte.

Bild: taz

Ralph Bollmann ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz.

Wenn Guido Westerwelle in Berlin lautstark den Beleidigten gibt und ein Teil der Akteure die CDU als Atompartei profiliert, werden sie die strategische Option für Schwarz-Grün damit allerdings nicht verhindern. Im Gegenteil, bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen schwächen sie damit nur die FDP und stärken die Grünen. Denn über die künftige Koalition in Düsseldorf wird nicht in parteiinternen Lagerdebatten entschieden, sondern an der Wahlurne am 10. Mai.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • V
    vic

    Ich kann nicht behaupten dass mir die Vorstellung gefällt.

    Merkel regiert sich durch die Koalitionspartner über Jahrzehnte.

    Natürlich gibt´s nicht Schlimmeres als die CDU/FDP Kombi.

    Aber letztlich ist einerlei was draufsteht, drin ist immer Merkel.