Kommentar Afrikanische Union: Einstimmig gegen Darfur
Afrikas Regierende sind entschieden gegen einen Haftbefehl gegen Sudans Präsidenten Baschir durch das Haager Tribunal. Kein Wunder - denn sie könnten die nächsten auf der Liste sein.
Als sich Afrikas Staats- und Regierungschefs vergangene Woche zu ihrem Gipfel trafen, fanden sie nur wenige Gemeinsamkeiten. Zur Lage in Simbabwe, in Somalia oder in Darfur gab es keine klaren Worte, obwohl die Afrikanische Union in den letztgenannten Regionen sogar mit eigenen Friedenstruppen vertreten ist. Ein Beschluss jedoch ging ohne Gegenstimmen durch: einen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Sudans Präsidenten Baschir lehnten Afrikas politische Repräsentanten einstimmig ab.
Dabei wissen sie aus erster Hand, dass der seit sechs Jahren währende Konflikt in Darfur außer Kontrolle geraten ist. Die dortige UN-Mission - auch ein Jahr nach dem geplantem Start nicht vollends einsatzbereit - besteht vor allem aus afrikanischen Soldaten. Die wurden kürzlich von Baschirs Kampfjets aus der Luft bombardiert, weil sie Flüchtlinge in einer von Rebellen kontrollierten Stadt nicht im Stich lassen wollten. Und fast täglich berichten UN-Aufklärer über neue Menschenrechtsverletzungen - von Regierung wie Rebellen.
Dass die Front gegen die Einmischung aus Den Haag dennoch so einmütig ist, liegt nicht nur daran, dass ein Haftbefehl gegen Baschir eine politische Lösung des Konflikts endgültig unmöglich machen dürfte. Der Haftbefehl würde wohl auch dazu führen, dass Baschir die letzten Hemmungen verliert und einen Krieg entfacht, wie ihn selbst Darfur noch nicht gesehen hat.
Entscheidender aber ist die grundsätzliche Abneigung gegen das Haager Tribunal. Nicht wenige der heute in Afrika Regierenden müssen damit rechnen, die Nächsten auf der Liste des Chefanklägers Ocampo zu sein. Doch selbst jenseits der Paläste wird das Tribunal als einseitig antiafrikanisch wahrgenommen: Den ersten Nicht-Afrikaner muss Ocampo nämlich erst noch anklagen. Dazu kommt, dass bereits erteilte Haftbefehle vielerorts für Angst und Schrecken sorgen. So wütet der Führer der "Widerstandsarmee des Herrn", Joseph Kony, derzeit im Kongo - viele schieben das auf den Haager Haftbefehl, der einem Friedensvertrag mit Uganda im Wege stand.
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