Kommentar Ärztemangel: Eigene Verantwortung
Kassenärztliche Vereinigung und Marburger Bund haben ihren Einfluss bei höheren Honoraren lautstark geltend gemacht, doch bei der ländlichen Grundversorgung schlampen sie.
D ass Ärztevertreter sich beklagen, gehört zum Hintergrundrauschen im Alltag der Republik. Wieder einmal beklagt die Bundesärztekammer, hierzulande drohe ein Medizinermangel. Flexiblere Arbeitszeitmodelle für Klinikärzte und Anreize zur Übernahme einer Praxis müssten her. So weit, so richtig. Nur unterschlagen die Funktionäre ihre Mitverantwortung für diese Probleme - und für deren Lösung.
Musterprojekte wie in Brandenburg könnten helfen. Dort erhalten eingewanderte Ärzte, vor allem aus Osteuropa, mit Geld aus dem Europäischen Sozialfonds Hilfe, um das Dickicht des komplizierten deutschen Zulassungsverfahrens zu durchqueren. Mit jährlich 150.000 Euro ist die Gewinnung von 17 qualifizierten und hoch motivierten Ärzten sehr günstig.
Alterung und Hausarztmangel begegnen die Brandenburger ebenfalls pragmatisch: "Gemeindeschwestern" besuchen alte oder gebrechliche Patienten, zapfen Blut ab, hören zu und kontrollieren die Medikamentendosen. Das entlastet Ärzte, spart Geld und ist seit Jahresbeginn bundesweit möglich. Die Kassenärztlichen Vereinigungen könnten Ärzten eine Niederlassung schmackhaft machen, etwa indem sie diese bei der komplizierten Buchhaltung unterstützen.
Manches davon ist in Planung. Doch es geht viel zu schleppend und unkoordiniert. Mitschuld tragen auch die Ärztevertreter selbst. Kassenärztliche Vereinigungen und Marburger Bund haben ihren großen Einfluss immer wieder unter Beweis gestellt, wenn es um die Durchsetzung höherer Honorare und Gehälter ging. Bei ihrer Pflichtaufgabe, der Sicherstellung ärztlicher Versorgung überall im Land, haben sie geschlampt. Noch lässt sich das Schlimmste verhindern. Die Ärztevertreter müssen handeln, oder sie berauben sich ihrer Existenzberechtigung.
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