Kommentar Adoptionsverbot: Kühle Argumente für Kinder
Das Adoptionsverbot für homosexuelle Lebenspartnerschaften ist verfassungswidrig. Trotzdem gibt es weiterhin Bedenken.
E s wird vielen BürgerInnen dieses Landes, gleich welcher politischen Couleur, nicht wirklich gefallen, was die Grünen da angeschleppt haben: Das Adoptionsverbot für homosexuelle Lebenspartnerschaften ist nach einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags verfassungswidrig.
Die Argumentation ist kühl und klar. Ein "sachlicher Rechtfertigungsgrund" sei nötig, um die Eingetragene Lebenspartnerschaft nicht wie die Ehe zu behandeln. Und im Übrigen gälte schlicht Artikel 3, Absatz 1 des Grundgesetzes: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich."
Mit Sachlichkeit und kühlem Kopf haben die Bedenken gegenüber dem Adoptionsrecht für Homopaare jedoch wenig zu tun. Es handelt sich um ein Unbehagen, das sich aus Vorurteilen und einer diffusen Bedrohung heterosexuellen Selbstverständnisses zusammensetzt - die "wirkliche Familie" ist in dieser Lesart etwas Einzigartiges und Bewahrenswertes. Und die Adoption durch Homosexuelle sowohl für die Ehe als auch für das, was als "Kindeswohl" für eindeutig definierbar vorausgesetzt wird, eine Bedrohung.
Das alles ist so wenig haltbar wie der von CDU-Familienministerin Schröder befürchtete "Mangel für Kinder", der aus einer solchen Adoption entstehen könnte. Es gibt keinerlei empirische Befunde, die diese Annahmen stützen könnten.
Kühl festzustellen bleibt, dass die Union mit diesem Thema einen Blumentopf gewinnen kann, wenn sie stur bleibt. Aber Guido Westerwelle könnte anstatt auf Populismus zu setzen den Mut aufbringen, sich für eine wirklich unpopuläre Gesetzesänderung einzusetzen. Einen Blumentopf für Bürgerrechte könnte er gerade gut gebrauchen.
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