Kommentar 10 Jahre Bildungsreform: Unternehmen Uni 2.0
Nur weil die Uniangehörigen nun auch angehört werden, heißt das nicht, dass die unternehmerische Hochschule ein Konzept der Vergangenheit ist.
E s war Marktfundamentalismus, wie er im Buche steht. Mit ihren Beschlüssen 1999 in Bologna führten die Begründerstaaten der europäischen Unireformen eine Strukturrevolte durch, die ein Interesse in den Mittelpunkt stellte: den neuen Wirtschaftsraum Europa.
MARTIN KAUL organisiert das tazlab zum Thema Bildung.
Auf Basis seiner verwertbaren Wissensressourcen sollte der Kontinent zum Global Player auf dem Weltmarkt der Patente und Karrieren werden. Die Konsequenz: 95 Prozent aller europäischen Studiengänge wurden fordistisch umgestaltet. Das Produktionsprinzip: Lernenforschenlernen, Produzieren, Klappe halten! Diese Drillmanie aber ist gescheitert.
Die erstaunlichste Beobachtung beim Jubiläumstreffen der europäischen Bildungsminister in Budapest und Wien war sicherlich zu sehen, wie gut die Studierenden inzwischen integriert werden. Als offizieller Teil der nationalen Delegationen reisten viele Studis an. Und die MinisterInnen mühten sich, deutlich zu machen, wie wichtig die Partizipation der Studierenden an Europas Unis ist. Dieser Ton ist neu. Er ist der betriebswirtschaftlichen Erkenntnis entsprungen, dass nur effektiv produziert, wer seine Beschäftigten motiviert.
Nur weil die Uniangehörigen nun auch angehört werden, heißt das nicht, dass die unternehmerische Hochschule ein Konzept der Vergangenheit ist. Im Gegenteil, die Lernfähigkeit der Unis ist so innovativ wie nötig. Ihre Präsidenten, Aufsichtsräte und Minister haben schlicht gelernt, dass die Beteiligung der Beschäftigten und Studierenden überhaupt erst die sichere Basis dafür ist, gemeinsam mit - und aus - ihnen Kapital schlagen zu können. Wie der selbständige Unternehmer dürfen die Studierenden heute ihre Kreativität und Leidenschaft einbringen, zum Wohle der unternehmerischen Uni 2.0. Ihr Prinzip: Mach deine Untergebenen glücklich - und sie beglücken dich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag