Kommentar: 10 Gebote fürs Stadtschloss: Du sollst nicht lügen
Die Ergebnisse der Expertentagung verdienen Anerkennung. Sie fordern von den Apologeten des Wiederaufbaus vor allem Wahrhaftigkeit: Was die Rekonstruktionen angeht, aber auch das Geld.
M an muss kein Freund des Schlosswiederaufbaus sein - trotzdem verdienen die Ergebnisse der Expertentagung Anerkennung. War die Debatte zum Bau des Humboldtforums bislang geprägt von ideologischen Grabenkämpfen, der Nutzung und dem Fassadenstreit, so liegt nun - quasi in zehn Geboten - eine Arbeitsgrundlage für eine glaubwürdige, wissenschaftliche und sachliche Rekonstruktion vor.
Das Grundgesetz der Expertise lautet: Du sollst nicht lügen. Nicht als Kopie oder Attrappe darf das Stadtschloss wiedererstehen, sondern nach bestem Wissen und Vermögen, aus originaler Materialität und in guter Ausführung - durch die Einrichtung einer "Schlossbauhütte". Vorgehängte Barockfassade adé. Und dort, wo Franco Stella scheinbar Alt und Neu kaschiert, fordern die kompetenten Fachleute definitiv den Bruch: Was nicht rekonstruierbar ist, muss als zeitgenössische Lösung kenntlich gemacht werden.
So viel Wahrheit und Anspruch hätte man gern von Beginn an gehabt, statt restaurativem Gelaber sowie einen Dilettantismus über Form, Nutzung und Kosten des Humboldtforums. Man hätte sich auf das Wesentliche und Vorhandene konzentrieren können, nämlich auf den Ort, die Fundamente, Fragmente, Grundrisse und Optionen.
Und auf die wahren Kosten! Denn die Vorschläge sind nicht nur richtig, in ihnen steckt auch die Hauptwahrheit des ganzen Projekts "Berliner Schloss": Es ist eigentlich nicht zu bezahlen. Wer außer der Kuppel noch mehr Glaubwürdigkeit will - und das wollen ja bekanntlich alle - wird verdammt arm. Mit solcher Klarheit würde es wohl die Rekonstruktion nie geben. Sondern etwas ganz anderes.
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