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Kolumne WortklaubereiManche mögen Scheiß

Kolumne
von Josef Winkler

Ich ja nicht. Gut, manchmal ja. Man muss ihn jedenfalls erzählen dürfen in Deutschland.

V erfolgen Sie auch so gespannt diese Debatte, was in Deutschland noch gesagt werden darf? Es ist eh noch viel, muss man zugeben. Zum Beispiel "Hodenpopel". Oder "Klobrillendermatitis". Oder "Flüchtlingsbekämpfung". Lauter Wörter, die noch gesagt werden dürfen.

Man sollte halt vielleicht davon absehen, weil sie entweder unappetitlich sind und/oder man sich durch ihren Gebrauch dem Verdacht aussetzt, ein demagogischer Depp zu sein. Oder "Eurabien". Hab ich eben gelernt beim Zufallsbesuch auf einer "einschlägigen" rechten Website. Ich konnte nämlich gerade nicht widerstehen, das Wort "Hodenpopel" zu googlen und ebenso wenig der automatischen Nachfrage: "Meinten Sie Hundepopel?" Nein, aber was, bitte, ist denn ein Hundepopel? Und siehe: Hundepopel ist der Name eines Users in einem Leserforum, in dem Leute wie Hundepopel ganz viele Sachen über zum Beispiel den Islam reinschreiben, die sie wohl gern mal ganz laut gesagt hören würden in Deutschland.

Aber ach. Viel interessanter ist doch die Frage - um jetzt mal eine Lieblingsfloskel vom bayerischen Minister Markus Söder zu leihen, die er gern benutzt, wenn er in einer unbequemen Interviewsituation umlenkt zu einer Frage, die zwar gar nicht gestellt und auch keineswegs viel interessanter ist, die es ihm aber ermöglicht, sich in einen selbstbestimmten Monolog zu retten - viel interessanter also ist doch die Frage, was in Deutschland überhaupt noch gesagt werden KANN. Nehmen Sie "Houellebecq". Oder "Antiagingcreme". Oder "Eyjafjallajökull". Ich möchte mutmaßen, dass zum Beispiel Letzteres nicht nur nicht in Deutschland, sondern fast nirgendwo auf der Welt gesagt werden kann. Leichter geht schon "Innenohrkatharrh". Oder "Schneechaosszenarien". Oder ...

Jetzt schreit schon wieder das Baby. Dabei hatte ich gedroht: Wennst jetzt nicht brav bist, fang ich an mitzunotieren, und dann schreib ich auch so ein putziges Buch übers Vatersein und was einem da alles an total verrückten Widrigkeiten und schmunzelnmachenden Fährnissen begegnet, bla. Und du bist schuld. Gerade hat sie einen tosenden Wutanfall, weil ihr beim Stillen wieder der Nippel aus dem Mund geglitten ist, und brüllt mit hochrotem Kopf auf die Brust der A. ein. (Man nennt das "Brustschimpfen", unter Umständen eine Folge von "Saugverwirrung", um hier mal zwei meiner Meinung nach wirklich zu drollige Fachausdrücke einfließen zu lassen.) Aber das geht doch nicht, wende ich ein. Mei, beschwichtigt die sanfte A., sie ist halt frustriert deswegen. Möglich, aber es kann doch nicht sein, dass die Frustrierten über das Schicksal dieses Haushalts bestimmen! Muss man auch mal sagen dürfen.

Bild: privat

Josef Winkler lebt und arbeitet, was sein Nervenkostüm und Zeitbudget nicht unerheblich in Anspruch nimmt, in München und Palling. Hobbies: Zeichnen, Tiere, Musik, Nichtschwimmen.

Meine Tochter hat heute übrigens Post bekommen. Der erste eigene Brief, adressiert an sie persönlich. Wie süß! Er war vom Bundeszentralamt für Steuern. Inhalt: ihre Steuernummer, "lebenslang gültig. Sie werden daher gebeten, dieses Schreiben aufzubewahren, auch wenn sie derzeit steuerlich nicht geführt werden sollten." Meine Tochter ist sechs Wochen alt. Seid ihr eigentlich alle bekloppt? Darf man das mal fragen in Deutschland?

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