Kolumne Wortklauberei: Zum Wegregnenlassen verdammt
Alle reden von Hundekot und Beatles-Coverversionen – und wir tun auch nicht so richtig was dagegen.
H errgott, jetzt spielen die in der „RadioWelt am Mittag“ schon wieder „Two Of Us“ in dieser arschlahmen Version von Aimee Mann und ihrem Hamperer da, statt einfach das gescheite Original von den Beatles, zefix, was ist denn mit diesem Musikredakteur los, hat der TOMATEN IM OHR? „Siehst du“, sagt die A., „und wenn du jetzt eine Psychose hättest, würdest du denken, die machen das nur, um dich zu ärgern.“
Ja. Aber Entschuldigung, wenn man’s so betrachtet – abgesehen davon, dass ich KEINE Psychose habe: Wen denn sonst? Wen sollen sie sonst damit ärgern wollen? Man könnte ja fast meinen, die WISSEN, wie mich diese Hamperer-Version nervt und wie mich das ärgert, wenn immer die gespielt wird und nicht das doch in jeder Hinsicht vorzuziehende, leichtfüßige Original der Beatles! Ich könnte mir sogar vorstellen, dass das niemanden im ganzen Sendegebiet von Bayern 2 so ärgert wie mich, und da muss man dann schon fragen dürfen: Machen die das wegen mir?
Die A. schlägt vor, ich solle mich zunächst von dem Gedanken lösen, dass Radioredakteure die Musik für ihre Magazinsendungen danach auswählen, wie sie am effektivsten Hörer verärgern. Nun gut. Ich kann mir zwar wirklich keinen anderen Grund vorstellen dafür, diese arschlahme Version zu spielen. Aber ich lenke ein.
ist Kolumnist der taz.
Ich betone: Ich werde KEINEN laminierten Zettel gut sichtbar an einen Baum vor das BR-Gebäude hängen mit der Forderung, das Abspielen der Aimee-Mann-Version von „Two Of Us“ zu unterlassen. Ich möchte ja nicht enden wie die Leute im Hundekotdisput hier im Viertel. Letztens hing ein Zettel – Ausdruck, laminiert – vorn am Baum: „Bitte entfernen Sie Ihren Hundekot von den Gehwegen, wir würden beim Spazierengehen gerne den Himmel anschauen können ohne in Hundekot zu treten. Danke!“
Tage später hing ein ebenfalls folierter Wisch darunter: „Von mir aus können Sie es ruhig liegenlassen! Ich gehe einfach drumherum und irgendwann wird es schon wegregnen. Gruß!“ Ich war schon drauf und dran, auch einen Zettel zu basteln: „Aber das ist doch unlogisch, weil Ihr Nachbar ja argumentiert, er würde beim Spazierengehen gern den Himmel anschauen können, ohne in Hundekot zu treten, und wer nach oben schaut, sieht ja nicht, wenn vor ihm eine Wurst liegt und kann also nicht drumherum gehen.
Das ist der Kern hier: Dass er nicht drumherum gehen WILL und auch nicht MUSS, sondern dass der Hundehalter verpflichtet ist, die Kacke wegzutun, und wenn Sie das so super-easy-geili finden mit dem Hundekack, dann schreiben Sie doch Ihre Adresse auf einen laminierten Zettel und wir legen Ihnen DEMNÄCHST DIE SCHEISSE ZUM WEGREGNENLASSEN VOR DIE HAUSTÜÜÜÜRRAAARRGGH!!!“ Aber dann war Gott sei Dank mein Laminator kaputt. Egal.
Jetzt noch mal zurück zu vorhin, weil’s mir keine Ruhe lässt. Wäre denn ein Vorschlag zur Güte, dass man es, keine Ahnung, zum Beispiel im Rundfunkgesetz verankert, dass einfach überhaupt keine Beatles-Coverversionen mehr im Radio gespielt werden dürfen? Dann wär halt auch Rechtssicherheit da.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts