Kolumne Pressschlag: Heynckes' chancenloses System
Schon unter van Gaal fehlte den Bayern manchmal ein Plan, um ein Spiel in der Offensive zu gewinnen. Unter seinem Nachfolger ist es momentan ähnlich.
D amit das schon mal klar ist: Dass die Bayern in Mainz verloren haben, lag nicht allein daran, dass der an der Schulter verletzte Bastian Schweinsteiger nicht mitspielen konnte. Die Münchener haben in der vergangenen Saison schon gezeigt, dass sie auch mit Schweinsteiger gegen Mainz verlieren können.
Am 25. September 2010 war das. Da gewann Mainz, damals ungeschlagener Tabellenführer der Bundesliga, in München mit 2:1. Die Beobachter schwärmten von der Laufbereitschaft des weit vorne verteidigenden Teams von Trainer Thomas Tuchel - der Begriff "Offensivverteidigung" wurde dafür benutzt. Und sie bemängelten die Ideenlosigkeit und das fehlende Tempo im Spiel der Münchener.
Wer die Partie am Sonntag gesehen hat, der wird sich fragen: Was ist eigentlich unter Jupp Heynckes besser geworden an den Bayern?
Der ist wochenlang über den grünen Klee gelobt worden. Die Meisterschaft galt auch bei den Kokurrenten schon nach dem fünften Spieltag als entschieden, weil es Heynckes geschafft habe, der Mannschaft das zu geben, was ihr unter Louis van Gaal, dem mittlerweile als Superflop bezeichneten Meistertrainer von 2009, gefehlt habe.
ANDREAS RÜTTENAUER ist Sportredakteur der taz
Aber was hat er ihr gegeben? Gut, das Team darf jetzt mehr verteidigen als zuvor. Van Gaal war relativ wurscht, was hinten gespielt wurde, weil er der Meinung war, dass die Bayern Spiele vorne zu entscheiden haben. Dass er letztlich gescheitert ist und vom Hof gejagt wurde, lag nicht allein an der von ihm vernachlässigten Defensive, sondern daran, dass die Bayern trotz beinahe hundertprozentigem Ballbesitz keine Chancen herausspielen konnten.
Ihnen ist einfach nichts eingefallen, wenn sich die Gegner getraut haben, früh zu stören. Und daran hat sich auch unter Heynckes nicht geändert.
Der Jupp mag netter sein, als van Gaal es war. Er mag es besser verstehen, einem Spieler mitzuteilen, was er von ihm hält, als der Holländer, der sich selbst immer als großen Kommunikator bezeichnet hat.
Er mag einen besseren Draht zu Vereinspräsident Uli Hoeneß haben, was nie schlecht ist, wenn man Bayerntrainer ist. Er hat aber keine besseren Ideen als sein Vorgänger. Gibt es ein System Heynckes? Bis dato war keins zu entdecken.
Vielleicht war es das, was Uli Hoeneß in der Halbzeit des Spiels in Mainz so wütend gemacht hat. Dort hat man ihn auf dem Weg in den Kabinentrakt gesehen - wutschnaubend. Es ist ihm dann wohl noch rechtzeitig eingefallen, dass ihn Heynckes da nicht sehen will, und so musste er seinen Ärger vor verschlossener Kabinentür runterschlucken.
Fällt den Bayern noch öfters nicht ein, wie man sich Chancen erarbeitet, dann könnte es gut sein, dass der Präsi die Kabinentür doch irgendwann aufreißt und seinen Trainer fragt: "Sag mal, hast du eigentlich gar keinen Plan?"
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