Kolumne Press-Schlag: Den Ramsch nehmen die anderen

Bayer Leverkusen hat sich in der Winterpause gegen den Trend gestemmt und keinen Spieler verpflichtet. Gar nicht so dumm!

Gut, man kann es machen wie der FC Bayern München. In der Schlagzeilenschmiede ist ja immer immens viel los. Dort kann man es sich sogar leisten, den Fußballer Breno, 12 Millionen Euro teuer, in der Winterpause geholt, nicht einmal in den Kader zu berufen. Ist ja auch noch jung, der Bursche, erst 18 Jahre alt. Solche Probleme hat Bayer Leverkusen nicht. Der Werksklub ist in der Nach-Calli-Ära zum Gegenentwurf der Bayern geworden. Scheinbar nichts los unterm Bayer-Kreuz. Ja, nicht mal einen Spieler verpflichteten sie in der Winterpause.

In der fußballlosen Zeit wurden ja Kicker im Dutzend verramscht, Millionen Euro hin und her geschoben, Handgelder gereicht und Schecks gezückt. Was wird aus all diesen Hoffnungsträgern und Glücksbringern in einem halben Jahr geworden sein, aus den Putsilos, Caios und Hasebes? Leverkusen wollte auf diesem Basar der Verbindlichkeiten nicht mitmachen. Okay, sie haben mit den Jahren ein paar Zuschüsse verloren, den Verstand aber noch lange nicht. Es kann manchmal von Vorteil sein, nicht zum Handeln gezwungen zu sein. Wo andere Geschäftigkeit vortäuschen, hat Leverkusen weitergemacht wie bisher. Wo andere daherschwadronieren von Tugenden wie Teamgeist und Beständigkeit, setzt sie Leverkusen um. Ist nicht stets die Rede davon, dass sich ein Team finden müsse? Aber wie soll das gehen, wenn im Halbjahresrhythmus größere Umbaumaßnahmen vorgenommen werden und sich der Zeugwart nicht mal mehr die Namen der Neuen merken kann?

In Leverkusen ist nur zu vermerken, dass Ricardo Faty und Michal Papadopulos nicht mehr für Bayer spielen. Es ist also übersichtlicher geworden - so überschaubar wie die Zeitungslandschaft. Sie sind natürlich dankbar dafür, dass sie nicht in einer Medienmetropole wie Berlin oder Hamburg auf dem Präsentierteller Fußball spielen müssen. Der Pharmaklub mit dem lauen Image muss keine Medienmaschinerie bedienen, der Trainer macht solide Arbeit, und wenn es der Öffentlichkeit zu trist wird, tritt Rudi Völler auf den Plan und wird ein bisschen wütend. Das reicht dann schon, um die vom Konzern im Jahresplan vorgegebenen Sympathiewerte zu erreichen.

In Cottbus hatten sie am Samstag auch verdammt viel Glück. Am Ende spricht aber die Statistik für sich, und die Tabelle weist Leverkusen als Drittplatzierten aus. Wenige hätten das vor Saisonbeginn gedacht. Bayer wurde im Mittelfeld eingereiht, eine Prognose abzugeben schien so langweilig zu sein wie der Klub selbst. "Jetzt gewinnen wir auch solche Spiele 3:2", hat Völler in Cottbus gesagt. Am kommenden Samstag kann Bayer den Bronzeplatz gegen den Hamburger SV verteidigen. Fortuna wirds schon richten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.