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Kolumne Press-SchlagLoden-Kalles visionärer Blick

Kolumne
von Johannes Kopp

Verfolger Dortmund ist heuer der einzige ernsthafte Rivale der Bayern. Aber den Draufgänger-Nimbus des Vorjahrs haben sie verloren.

Der Autor

JOHANNES KOPP schreibt regelmäßig für die taz.

U rsprünglich war das Gerät ja nur für die anderen gedacht. Mit dem Fernglas, so formulierte einst Uli Hoeneß seine Stammtisch-Vision, sollten die Bundesligarivalen vorne in der Tabelle nach seinem FC Bayern Ausschau halten. Vor zwei Wochen nahm aber Karl-Heinz Rummenigge, der honorige Vorstandsvorsitzende der Münchner, den Feldstecher selbst zur Hand.

Ein Reporter hatte Rummenigge um Beistand gebeten, mit bloßem Auge konnte er hinter den konkurrenzlosen Bayern partout niemanden erkennen. Rummenigge, in seinem geliebten Lodenmantel eh wie ein Mann von der Forstaufsicht gekleidet, stellte freundlicherweise sein Visier scharf, blickte zurück und gab zu Protokoll, nur einen einzigen ernst zu nehmenden Rivalen zu sehen - Borussia Dortmund.

So mancher war ob dieser Antwort gewiss bass erstaunt. Hatte doch das Team von Jürgen Klopp in der noch so jungen Saison bereits durch zwei Krisen Schaden genommen: In der Bundesliga sprach man euphemistisch von der Ergebniskrise.

In der Champions League plagen die Dortmunder ähnliche Probleme, die aber aufgrund ihrer unumkehrbaren Auswirkungen treffender mit dem Wort "Vollkrise" beschrieben sind. Vergangenen Mittwoch erklärte der Boulevard die Borussia nach seiner Niederlage bei Olympiakos Piräus gar zur nationalen Schande (Bild: "Herr Klopp, warum blamiert Dortmund uns so?").

Allerdings haben sich die Dortmunder im nationalen Spielbetrieb stabilisiert. Und spätestens am Samstag war es in aller Deutlichkeit zu sehen: Die Art und Weise, wie die Borussia den 1. FC Köln auseinandernahm, hatte für sich genommen durchaus meisterliche Züge. Neven Subotic behauptete, ein solches Ungleichgewicht bislang nur auf der Playstation erlebt zu haben.

Doch anders als bei den einseitigen Triumphen des FC Bayern versuchten die Interpreten dieses Spiels, das krasse Ungleichgewicht nicht mit der Dortmunder Dominanz zu erklären. Vielmehr fragten sich alle besorgt: Was ist nur mit dem 1. FC Köln los? Das ist der Unterschied zur Vorsaison: Die Überlegenheit der Dortmunder lässt sich nicht mehr zufriedenstellend aus sich selbst erklären. Sie wirkt nicht mehr so authentisch.

Dabei ist das Team von Jürgen Klopp spielerisch gar nicht so weit vom Niveau der vergangenen Saison entfernt. Nur haben sie ihren Nimbus der unwiderstehlichen Draufgänger verloren. Dauerhaften Schrecken verbreitet ausschließlich der FC Bayern, den Dortmundern gelingt dies nur gelegentlich.

Das reicht zumindest, um von Rummenigge noch wahrgenommen zu werden. Den VfB Stuttgart, Werder Bremen und Mönchengladbach etwa, die alle mit 17 Punkten auf den Verfolgerrängen lauern, konnte der Vorstandschef des FC Bayern beim Blick durchs Fernglas schon nicht mehr als Titelrivalen identifizieren. Kein Wunder. Denen sitzt noch der Schrecken des Abstiegskampfes aus der Vorsaison in den Knochen.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.

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