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Kolumne Press-SchlagCoface-Arena gegen Signal Iduna Park

Kolumne
von Sarah Schmidt

Entschiede die sprachliche Hygiene der Stadionnamen über die Bundesliga, würde der 1. FC Kaiserslautern Deutscher Meister – gefolgt von Hertha BSC.

A ls ich vor einigen Tagen mehr nebenbei Fußball guckte und danach die obligatorisch blöden Interviews mit immer gleichen Fragen und fast immer gleichen Antworten kaum eines Ohres würdigte, fiel mein Blick auf die Werbetafel, vor der sich Spieler und Interviewer immer aufbauen. Eigentlich wäre es ehrlicher, dachte ich so vor mich hin, diese Logo-Wand in den Vordergrund zu stellen und die Spieler und Reporter dahinter zu verstecken, denn wer glaubt schon, etwas wirklich Essenzielles von einem Spieler zu hören, der gerade 90 Minuten hin und her gerannt ist?

Und dann, es war eigentlich mehr ein Versehen, las ich, was auf dieser Tafel stand: "Glücksgasstadion". Für eingefleischte Zuschauer ist dieser Name der Dresdener Arena natürlich ein alter Hut. Aber für mich, die mehr über Fußball liest, als ihn im TV zu sehen, war es unglaublich. Glücksgas? In Deutschland? Ja, geht's eigentlich noch?

Ist niemand auf die Idee gekommen, diesen Namen für zu geschmacklos zu halten? Vor allem, da es nicht mal der eigentliche Name des Sponsors ist, die heißen Goldgas. Wäre nicht viel, aber doch eine Nuance weniger missverständlich, oder? Goldgasstadion weckt zwar fast die gleichen Assoziationen wie Glücksgas, aber eben nur fast.

Die Autorin

SARAH SCHMIDT schreibt für die taz.

Nachdem ich mich an diesem Abend erst spät wieder beruhigen konnte, beschloss ich am nächsten Morgen, mir alle Stadionnamen der 1. Liga zu vergegenwärtigen. Einige Namen sind so geläufig wie hässlich, die Allianz- und Veltins-Arena beispielsweise kann man als so bekannt gelten lassen, dass die Namen kaum noch auffallen, aber wer möchte denn bitte im easyCredit-Stadion spielen?

Das ist doch schmierig und billig, auf jeden Fall verachtend, denn von den 44.000 Besuchern, die das Nürnberger Stadion füllen können, erhalten die meisten längst nirgendwo mehr einen Kredit. Womit ich nicht die Nürnberger als besonders arm darstellen möchte, sondern einen kleinen Hinweis auf die immer größere allgemeine Kreditunwürdigkeit der Bevölkerung geben will.

Kommst Du in die coface Arena?

Andere Örtlichkeiten, andere Beispiele. Wer kann, ohne dass sich die Zunge windet und das Ohr taub stellen möchte, frei heraus sagen: Kommst du am Samstag auch in die coface Arena? In den Signal Iduna Park? In das badenova-Stadion? Man kann ja vielleicht noch über die blöde Trikotwerbung hinwegsehen, aber eine Mannschaft, auf deren Brust AL-KO steht (nein, ich will nicht wissen, was das bedeutet) und die in der SGL-Arena (will ich auch nicht wissen) auflaufen muss, die kann man doch nicht wirklich ernst nehmen.

Wenn man die Bundesliga unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, und das tue ich im Moment, dann wünsche ich mir eine Belohnung für die Mannschaften und Stadien, die noch ganz normale Namen tragen. Die Spitze sähe dann folgendermaßen aus: Meister würde mit gehörigem Abstand Kaiserslautern, die tragen Werbung für Allgäuer Latschenkiefer, dieses Klosterfrau Melissengeist für die Waden, und spielen im Fritz-Walter-Stadion. Bodenständiger geht es nicht.

Vizemeister wäre Hertha mit dem Olympiastadion, und den dritten Platz teilten sich Werder Bremen mit dem Weserstadion und Mönchengladbach mit dem Stadion im Borussia-Park. Alle anderen würden absteigen. Einfach mal so, aus sprachlicher Hygiene.

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23 Kommentare

 / 
  • H
    Hans

    Ich bin zufällig auf den Artikel gestoßen, weil ich an der Uni eine Arbeit über die Rechtsformwahl im Profifußball schreiben musste. Ich habe mich letztes Jahr schon ordentlich über den Artikel gefreut und habe ihn heute glücklicherweise wieder gefunden. Immer wieder schön. Vor allem, weil die Autorin nichts mit Fußball am Hut hat.

  • C
    Charly

    Leute, regt euch mal ab!

    Ganz ehrlich!

    Man kann es auch übertreiben.

    Klar, es war alles sehr schlimm was damals passiert ist und das lässt sich leider Gottes auch nicht mehr rückgängig machen.

    Aber ich denke nicht, dass Vereine die Absicht haben, die Ansicht von damals zu unterstützen und die Geschichten wieder aufzuwühlen.

    Und wenn mir jemand mit Olympiastadion und Olympischen Spielen kommt, dass diese abgeschafft werden sollten greife ich mir nur noch an den Kopf!

     

    Ich stehe zu dem Fritz-Walter-Stadion und finde es gut, dass der FCK es nicht nötig hat sich irgendeinen Werbenamen anzuschaffen.

    Obwohl sie mächtig Schulden haben versuchen sie alles und den Mann, der den FCK geprägt hat zu ehren. Großen Respekt

  • L
    Locke

    Zwar etwas verspätet aber immerhin. Danke für den tollen Artikel. Das sage ich nicht, weil ich FCK Fan bin sondern weil er mir aus der Seele spricht.

     

    Machen Sie weiter so, Frau Schmitt! Immer etwas kritischer hinsehen.

     

    Auf "Der Betze Brennt" wurde Ihr Artikel im Übrigen verlinkt. Dort können Sie sich ebenfalls ein paar Leserkommentare anschauen.

     

    Besten Gruß aus der Pfalz!

     

    Locke

  • I
    Ironiker

    An alle, die sich so über "gegen faschismus" aufregen:

    Er hat es doch nur ironisch gemeint, ihr Banausen! ;)

  • I
    Isch

    Dankeschön Frau Schmidt, falls sie sich noch weiter mit dem Thema außeinander setzen möchten, so empfehle ich ihnen folgende Internetseite:

    www.maxmorlockstadion.de

  • P
    PillePalle

    Ich kann es nicht fassen, welche Diskussionen hier abgehen. Es geht um Investoren beim Fussball und sofort hat man wieder die alte Nazi-Leier hochgezogen. Irgendwann isses auch mal gut. Und wenn in Berlin Becher mit "feel the history" ausgeschenkt werden, soll dass wohl eher auf die Vereinsgeschichte hinweisen als auf den Zweiten Weltkrieg. Wie verbohrt kann man eigentlich sein? Wenn man so ein großes Problem mit allem hat, muss man halt auswandern. Die deutsche Geschichte ist so wie sie ist, das ändert man auch nicht, indem man das Olympiastadion in Rumpelstilzchen-Stadion umbenennt.

  • C
    Christian

    Das es mehrere Bilder von Fritz Walter gibt auf denen er den Hitler Gruß zeigt wird hier natürlich ignoriert, aber das haben damals ja alle gemacht und deswegen ist es ja alles auch nicht so schlimm und das im Berliner Olympiastadion in Bechern ausgeschenkt wird auf denen steht " Feel the history" ist natürlich auch zu begrüßen

  • A
    Ace

    Kann dir in einem Punkt Recht geben, die Stadionnamen nerven in gewisser Hinsicht.

     

    Allerdings ist es für dei Vereine auch unabdingbar, solche Sponsoren an Land zu ziehen, wenn sie ein neues Stadion bauen, ein altes ausbauen wollen. Rein wirtschaftlich könnte sich so etwas bloß der FCB in Deutschland leisten und das würde wohl auch die Vereinskasse plündern. Das gute alte Westfalenstadion (das geilste der Welt ;-)) heisst ja auch bloß Signal-Iduna Park, da der BVB in einer tiefen Schuldenkrise steckte. Mittlerweile sind diese Verbindlichkeiten die einzigen, die der Verein noch hat. In 2-3 Jahren heisst das Ding dann vllt wieder anders...

    Also: Da der Profifußball aufgrund seines System nunmal eine Menge Geld kostet, müssen Vereine "Deals" mit Sponsoren eingehen. Ich hab nämlich keinen Bock nur noch die Hertha oder den FCK zu sehen, weil die noch traditionelle Stadionnamen haben!

  • T
    Tradition

    FÜR IMMER FRITZ WALTER STADION!

  • MA
    Marcus Andree

    BVBler gehen in den Skandal-Iduna Park!

  • RD
    RED DEVIL

    @gegen faschismus: sag mal, kommst du mit deinem leben noch klar??

  • W
    Willi

    "Glücksgas""Goldgas"..omg so hab ich das auch noch nicht gesehen xD.

     

    Ein Anwärter auf den Meistertitel wäre für mich noch der KSC im guten alten und vorallem traditionsreichen WILDPARKSTADION.

  • FW
    Fritz Walters Erben

    @gegen Faschismus:

     

    Du liebe Güte, man kann es aber auch echt Übertreiben, ein ganz und gar jämmerlicher Einwand

     

    Ansonsten: Respekt Frau Schmidt, eine ganz und gar wundervolle Kolumne, wie sie treffender nicht sein könnte :o)sand

  • H
    Hugo

    Stimmt, Olympiastadion ist ein Terminus der von den Nazis erfunden wurde, und sollte deswegen getilgt werden. Gleich mit diese Olympischen Spiele, die ja bekanntlich genauso ein Konstrukt Hitlers waren. Nur weil eine Spielstätte, ein Gebäude oder ein Platz im Dritten Reich genutzt oder gebaut wurde, heißt das doch noch lange nicht, dass man es nicht mehr nutzen darf. Im Gegensatz, gerade wenn ein Sport- und Fußballstadion als Ort der in der Regel friedlichen Zusammenkunft und des gemeinsamen Erlebens steht, zeigt das doch, dass man der Vergangenheit die Stirn bieten und den Raum mit Positiven füllen kann. Diese krampfhafte, pseudomoralische Spießigkeit, alles immer und immer wieder mit dem dritten Reich zu verknüpfen bewirkt da meiner Meinung nach exakt das Gegenteil.

  • MM
    M. Meyer

    im olympiastadion haben nun mal die sommerspiele '36 stattgefunden. das ding nennt sich schließlich nicht adolf-h.-kampfbahn. hier handelt es sich um einen gänzlich wertneutralen namen.

     

    davon ab möchte ich frau schmidt für die behandlung dieses thema danken. es ist wirklich eine gesellschaftliche unsitte die sich da etabliert hat und auf die leider zu selten hingewiesen wird.

     

    rot-weiße grüße aus dem goldenen mainz am rhein.

  • S
    sikasuu

    @festus: Nicht ins ins Westalenstaion;.)

    Richtige Dortmunder gehen noch immer in die

    "Kampfbahn Rothe Erde"

    .

    Wer guckt sich denn die 1-Mannschaft noch an :-))

  • L
    lautrer

    Ihren Kommentar hier eingeben

     

    sehr gelungene kolumne,nur warum müssen gleich die ewig gestrigen ihre längst überholtes gedankengut durch 3 hirnwindungen quetschen und zum thema deutsche geschichte auf das erbärmlichste kund tun. Ich habe keine ahnung wieviele dutzend "olympiastadions" es gibt.

    @ gegen faschismus

    schlage doch vor berln, münchen, hamburg, die farbe braun oder auch schwarz umzubenennen. Nürnberg, deutschland, brandenburg, flugzeug, schiff, pistole... Am besten, erfindest du die sprache neu oder gehst einfach in den keller... Grüße aus kaiserslautern, der MITTE deutschlands!

  • D
    DeWi

    @gegen faschismus:

    Sorry, aber wenn Du alles, was die Nazis in ihrem Sprachschatz verwendet haben als schlecht darstellen willst, solltest Du beantragen, das wir eine neue Psrache bekommen. Haben die Nazis also in allen olympischen Städten gehaust??? Weist Du wie viele Olympiastadien es gibt???? Sorry, aber bitte, erst den Denkkasten anschalten und dann posten.

  • OO
    One of the three dudes

    Das ist doch lächerlich! In München steht auch ein Olympia-Stadion, sogar im zugehörigen Olympia-Park. Und damit hat das Nazi-Regime nichts am Hut. Wie würdest du nun also rechtfertigen wollen, dass wir uns für das Olympiastadion in Berlin schämen müssen, aber nicht für das gleichnamige Stadion in München? Weil die Nazis es so benannt haben? Werde erwachsen! Der Begriff Olympia hat nichts mit den Nazis zu tun, sondern benennt vielmehr die Austragungsstätte der Olympischen Spiele des antiken Griechenlands. Wenn es dir nun tatsächlich nur darum geht, dass der Stadionname schlimm ist, weil die Nazis ihn benutzt haben, kann dir, glaube ich, niemand mehr helfen... Nach dieser bestechenden Logik (Vorsicht: Sarkasmus!) hätten wir uns in der Nachkriegszeit von Grund auf eine neue nationale Identität zulegen müssen. Das heißt, wir hätten Deutschland umbenennen müssen. Wir hätten eine neue/andere Sprache erlernen und Deutsch "ausrotten" müssen. Wir hätten unsere Vor- und Nachnamen überdenken müssen, noch heute gibt es Menschen, die mit Vornamen Adolf heißen. Willst du diesen Menschen jetzt sagen, sie sollen doch bitte ihren Namen ändern, nur weil vor einer halben Ewigkeit Du-weißt-schon-wer (Achtung: Sarkasmus + ein völlig unangebrachter Vergleich mit Harry Potter!) von seinen Eltern so getauft wurde?

    Wir müssten alle Gebäude, Straßen, Autobahnen, Kulturgüter und was weiß ich noch alles, was während dieser Zeit in Auftrag gegeben wurde und entstanden ist abreißen, zerstören und ein für alle Mal vernichten. Willst du mir erzählen, das wir erst dann, wenn all dies geschehen ist, aufhören können, gebückt und mit gesenktem Haupt durch die Straßen zu laufen? Das wir erst dann aufhören dürfen, uns für unsere deutsche Nationalität, mit der nun mal zur Welt gekommen sind, bzw. kommen, zu schämen?

    Du, bzw. Ihr müsst endlich mal begreifen, dass es nicht die Gebäude, Straßen, Wiesen, Wälder, Worte, oder Kulturgüter jener Zeit waren, die all die Gräueltaten verschuldet haben, sondern eben die MENSCHEN, die diesem widerwärtigen Nazipack angehörten. Natürlich haben die Nazis sich all diese OBJEKTE zu Nutzen gemacht, um ihre Ziele und ihre Botschaft zu propagieren. Das ist aber weder unsere Schuld, die wir ca. 70 Jahre später im Hier und Jetzt leben, noch die eben jener Gebäude, Straßen, Wiesen, Wälder, Worte, oder Kulturgüter und schon gar nicht die unserer Kinder und Kindeskinder!

    Tut mir leid, wenn ich dir zu nahe getreten sein sollte und das ich jetzt so weit ausgeholt habe, aber dein Kommentar hat bei mir gerade das Fass zum überlaufen gebracht. Jeden Tag muss man sich überall so einen Mist anhören, an jeder Ecke bekommt man eingetrichtert, was für böse Menschen mit bösen Gedanken, Häusern und Worten wir Deutschen sind.

  • W
    WOW

    Das sind genau meine Gedanken bei den meisten Namen bekomm ich Brechreiz. Diese Namen haben im Fußball nix verlohren und zeigen eigendlich nur das es dem Vorstand nicht um das bewahren von Traditionen im Fußball geht sondern nur um das wirtschaftliche führen einer Firma geht um. Aber...

     

     

    zum Glück bin ich K'lautern Fan! :)

  • W
    whatever

    Wie der Kommentar des HSV-Fans: "Egal wie die das Ding jetzt nennen, ich geh immer noch in die AOL-Arena"

  • F
    festus

    unabhängig davon, was oben draufsteht: Der dortmunder an sich geht immer noch ins westfalenstadion...

  • GF
    gegen faschismus

    der stadionname von hertha bsc ist der schlimmste. der name olympiastadion ist tief mit dem naziregime verknüpft!