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Kolumne Press-SchlagDeutsch, begabt, harmlos

Kolumne
von Kathrin Zeilmann

Am Talent der deutschen Skispringer besteht kein Zweifel. Noch fehlt die Konsequenz, um ganz vorne zu landen. Nun müssen sie lernen, auch mal wütend zu sein.

Noch keine Überflieger: Den deutschen Skispringern fehlt zum Gewinnen die Kaltschnäuzigkeit. Bild: dapd

D er auffälligste deutsche Protagonist bei der Vierschanzentournee war einer, der seine Karriere schon 2005 beendet hat. Sven Hannawald feierte zunächst, dass er vor zehn Jahren alle vier Einzelspringen für sich entscheiden konnte. Dann zitterte er um dieses Alleinstellungsmerkmal, weil Gregor Schlierenzauer in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen gewann. Als der spätere Gesamtsieger in Innsbruck bloß Zweiter wurde, jubelte Hannawald. Ein fairer Sportsmann hätte sich anders verhalten.

Hannawalds Präsenz verrät viel über den Zustand des deutschen Skispringens. Richard Freitag und Severin Freund, die Besten der Gegenwart, können noch immer nicht aus dem Schatten der erfolgreichen Ära Hannawald/Schmitt heraustreten. Die Vierschanzentournee als schillernde Bühne war eine Nummer zu groß für das Duo Freitag/Freund.

Dass sie ihren Sport grundsätzlich gut beherrschen, haben sie bereits gezeigt, sie haben schon Weltcupspringen gewonnen. Aber es fehlt die letzte Konsequenz, um auch einmal bei einem wirklich wichtigen Springen ganz vorne zu landen. Man braucht dazu ein gewisses Maß an Kaltschnäuzigkeit.

Die Autorin

Kathrin Zeilman schreibt regelmäßig für die taz.

Man darf sich von unruhigen Bedingungen wie Schneefall oder wechselnden Windrichtungen nicht verunsichern lassen. Man darf sich von kleinen Rückschlägen nicht aus der Bahn werfen lassen. Und: Es ist erlaubt, mit sich zu hadern. Man darf auch mal wütend sein.

Selbstzweifel können einen Sportler reifen lassen

Ob Severin Freund jemals wirklich wütend ist? Es ehrt ihn, als ausgeglichenes Wesen wahrgenommen zu werden, das schlechte Leistungen zwar einräumt und nicht mit widrigen Bedingungen erklärt, aber sofort lächelnd nach vorn blickt. Doch Täler des Selbstzweifels können einen Sportler reifen lassen.

Thomas Morgenstern aus Österreich, der Tourneesieger des Vorjahres, hat so eine Phase hinter sich bringen müssen, als seine Karriere stockte und er nicht selten wütend gegen Werbebanden im Auslauf schlug. Auch Gregor Schlierenzauer musste Enttäuschungen verarbeiten. Seit 2006 reiste er alljährlich als Favorit nach Oberstdorf an - erst in dieser Saison reichte es zum Erfolg.

Und Richard Freitag? Natürlich, er ist erst 20 Jahre alt. Experten wie der ehemalige österreichische Skisprungdirektor Toni Innauer loben die Begabung des Sachsen. Jetzt entscheidet sich, ob er sein Talent voll zur Entfaltung bringen kann.

Hoffnungsvolle Talente purzelten aus der Weltspitze

Maximilian Mechler, Pascal Bodmer, Stephan Hocke - es mangelte dem Deutschen Skiverband in den vergangenen Jahren nicht an hoffnungsvollen Talenten, die es schon aufs Weltcuppodest geschafft haben. Aber sie purzelten immer wieder ganz schnell aus der Weltspitze heraus.

Das ist nun die große Aufgabe von Cheftrainer Werner Schuster: Richard Freitag muss zum dauerhaften Hoch ansetzen, er muss sich selbstbewusst präsentieren und die Österreicher herausfordern. Nein, Deutschlands Springer müssen keine rücksichtslosen Schanzen-Rowdys werden und sich auch nicht so kleinkariert an ihre Erfolge klammern wie Hannawald. Aber dass ihnen im Gegensatz zu Österreichs Helden der "Killerinstinkt" fehlt, hat selbst Schuster eingeräumt. Er kann es nun ändern.

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3 Kommentare

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  • A
    anke

    Dafür also brauchen wir die Frauen: Sie müssen jene "Killerinstinkte" fordern, die es verhindern, dass Deutschland immer wieder "aus der Weltspitze heraus purzelt". Hm. Putziges Verb für einen Killer dieses "purzeln". Bushido, schätze ich, wäre so etwas nicht passiert. Vielleicht stehen migrationshintergründige Jungs ja doch noch eine Stufe oberhalb der homegrown girls. Auf der entwicklungsgeschichtlichen Verbal-Hühnerleiter, meine ich.

  • J
    Julia

    Vielleicht sollte man sich vor dem Schreiben eines solchen Artikels nicht nur die Ergebnislisten als Information heranziehen, sondern sich auch mal die Gesamtentwicklung der Sportler ansehen.

    Nur weil die Spitze zur Zeit von ein paar Österreichern besetzt ist die wirklich überragend springen, heißt es nicht, dass Springer wie Freitag oder Freund, die regelmäßig ihren Platz unter den besten 10 verteidigen, nichts wert sind.

    Gerade diese beiden haben sich alleine in den letzten 2 Jahren von No-Name Randfiguren zu 2 der Besten Skispringer im Weltcup gesteigert. Das sollte man bitte auch beachten bevor man sich zu irgendwelchen hämischen, beleidigenden Artikeln hinreißen lässt.

     

    Und ein Karrieretief ist mit Sicherheit keine Voraussetzung für einen Siegspringer.

    Ich finde es eher bewundernswert, wenn man sich von Ausrutschern nicht runterziehen lässt sondern positiv nach vorne schaut.

     

    Übrigens ist ein offenes Geheimnis der Österreicher, dass sie sich mental auch an der Begeisterung und Motivation der Fans und der Medienlandschaft in Österreich stärken...

    Wenn man sich da ansieht wie die deutsche Presse auf ihren Springern herumhackt, braucht man sich nicht wundern...

  • D
    DerTyp

    Wieso soll sich Hannawald nicht darüber freuen dürfen, dass sein Erfolg einmalig geblieben ist? Erfolgreiche Sportler sind ehrgeizig und wollen natürlich auch am besten bleiben, ansonsten können sie auch schon als Aktive schnell einpacken. Nur nett sein, aber hinterspringen ist schließlich das, was dieser Artikel gerade angreift. Hannwald war nicht "nett", wird aber im selben Atemzug als unfairer Sportsmann dargestellt. Wie soll man das denn nun verstehen?