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Kolumne Luft und LiebeKomm raus, Bitch, lass uns kämpfen!

Irgendwer muss Kristina Schröder verarscht haben. Ich würde sogar mit ihr was trinken gehen, um dieses Missverständnis mit „dem Feminismus“ mal aufzuklären.

P latsch, platsch, platsch. So hüpft Kristina Schröder von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen. Buchpremiere – platsch. Betreuungsgeld – platsch. Extremismusklausel – platsch. Es gibt immer etwas zu verpatzen.

Auf das Buch hatte ich mich monatelang gefreut. Schon im Winter bestellte ich mir ein Rezensionsexemplar. Es hieß ja, Schröder würde darin mit den Feministinnen abrechnen. Toll! Ich wollte eine flammende Rezension schreiben. Mein feministisches Herz hüpfte, ich holte innerlich schon die Boxhandschuhe raus und rief ihr in Gedanken zu: „Komm raus, Bitch, lass uns kämpfen!“

Und dann: völlige Enttäuschung. Die redet gar nicht über Feminismus, sondern über eine obskure Schnittmenge zwischen Alice Schwarzer und Bascha Mika – die ja beide ganz unterschiedliche Positionen vertreten. Wo Schröder ihr bizarres Feminismusbild her hat, ist mir bis zur letzten Seite nicht klar geworden. Die Arme! Irgendwer muss sie total verarscht haben. Ich würde sogar mit ihr was trinken gehen, um dieses Missverständnis mit „dem Feminismus“ mal aufzuklären.

Bild: privat
MARGARETE STOKOWSKI

ist Autorin der taz.

Es ist ja auch viel geschimpft worden über das Buch. Dass Schröder sich „aus der Verantwortung stehlen“ will (Spiegel Online), eine „Fehlbesetzung für ihr Amt“ ist (Die Zeit) und „unpolitisch“ denkt (Frankfurter Rundschau) und damit „politisch versagt“ (Süddeutsche.de). Das ist alles richtig. Schröders Buch ist nicht nur dumm und vorgestrig, es ist gefährlich, weil es Gewalt gegen Frauen verharmlost. Besonders befremdlich ist diese Verkrampftheit, mit der Schröder Geschlechterfragen ins privat-persönlich-unpolitische Dunkel ziehen will. Würde man alles Falsche anstreichen, wäre am Ende der Textmarker leer.

Wenn Sie sich davon überzeugen möchten – gerne. Ich verschenke mein Exemplar. Erhöhen Sie nicht die Auflage, dieses Geschwurbsel darf kein Bestseller werden. Auch wenn Schröder ihr Buchhonorar an Terre des Femmes spendet, wie im Vorwort steht. Wenn Sie wollen, spenden Sie da auch hin. Terre des Femmes beteiligt sich übrigens an der Protestaktion nichtmeineministerin.de, ein offener Brief gegen Schröder. Schreiben Sie mir an stokowski@taz.de, ich schicke Ihnen das Buch. Wenn Sie durch sind, können sie es weitverschenken. Aber nehmen Sie sich Zeit, lesen Sie gründlich, denn man sollte auch miese Argumente kennen, um sich gegen sie zur Wehr setzen zu können. Vielleicht schaffen Sie es ja, sich das Buch signieren zu lassen. Media Markt hat neulich in seinen österreichischen Filialen diese Frauenzonen eingeführt, wo es vermeintlich frauengerechte Produkte gibt: Lockenstäbe, Fritteusen, pinke Laptops. Wenn das in Deutschland auch gemacht wird, hat Schröder sicher Interesse, eine dieser „Woman’s Worlds“ zu eröffnen. Ganz privat, versteht sich, so wie sie das Buch ja auch in ihrer Freizeit geschrieben hat. Und wehe, jemand wirft ihr vor, sie würde damit dem Frauenbild schaden. Okay, die Idee, Frauen bräuchten solche dämlichen rosa Wohlfühlbereiche – vorgestrig und sexistisch, geschenkt. Aber gerade deswegen würde es ja gut zu Schröder passen. Wie die Fritteuse zum Fettnäpfchen.

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Margarete Stokowski
Autorin
Jahrgang 1986. Schreibt seit 2009 für die taz über Kultur, Gesellschaft und Sex. Foto: Esra Rotthoff

12 Kommentare

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  • C
    conny

    @ Nina B. - warum unterstellen sie unterschwellig frau schwarzer sie wäre gegen männer? das klischee-denken feminismus gleich männerfeindlichkeit entstammt den köpfen der antifeministInnen. das ist ein ganz alter hut, den jeder frau bzw. frauenrechtlerin nachgeworfen wurde, sobald sie sich für ihre bzw. für gleiche rechte von mann und frau einsetzte. lesen sie einmal in `wikimannia`, wie maskulinisten/antifeministen den feminismus in ihrer abneigung beschreiben: "feminismus ist ein skrupelloses netzwerk aus narzisstischen frauen und unterwürfigen männern. es ist das vehikel für typisch schlechte weibliche eigenschaften wie ausflüchte, ausreden, falschbeschuldigungen, lügen, verzerrung, ablenkung, schuldzuweisung oder besserwisserei , mit dem ziel die männlichkeit abzuwerten und die verantwortungslosigkeit von frauen mit der privilegierung von frauen zu rechtfertigen und durchzusetzen. feminismus ist die heiligsprechung des weibl. egoismus. feminismus ist das vorhandensein oder die ausbildung weiblicher geschlechtsmerkmale bei männl. wesen in der tier- und menschenwelt." antifeministische argumentationen gibt es schon so lange, wie es feministische bewegungen gibt. und zu den antifeministischen vorstellungen zählt das klischee der männerfeindlichkeit .

  • RO
    rainer oborski

    ..aber frau schroeder ist wenigstens nicht un-huebsch!

  • NB
    Nina B.

    Und noch ein Nachtrag (vor allem zum Kommentar von Andreas):

     

    Ich verstehe nicht, warum so viele Menschen glauben, Feminismus hätte etwas mit Gegen-Männer-Sein zu tun!? Möglicherweise spielt dabei auch eine Rolle, dass Alice Schwarzer das Bild des Feminismus in Deutschland sehr stark prägt und Feminismus fast nur mit ihren persönlichen Aussagen verbunden wird.

     

    Zum Thema Quote:

     

    Es ist nunmal einfach geschichtlich bedingt, dass Frauen noch nicht lange in der Gesellschaft etwas mitzureden haben. Das ist zwar traurig, aber heute können wir froh sein, dass es heute schon viel mehr Gleichberechtigung gibt als früher! Aber wir sollten nicht vergessen, dass es noch nicht lange besser ist!

     

    Aber aufgrund der Geschichte sind wir verständlicherweise gewöhnt, dass Männer in den bestimmenden Positionen sind. Es ist ja definitiv auch zur Zeit noch so. Wenn die Frauen nun aber versuchen, auch in solche Positionen zu kommen, so ist das (trotz aller Fortschritte im Thema Gleichberechtigung) viel schwerer möglich!

     

    Das muss gar nichts mit Sexismus von Personalentscheidern zu tun haben (kann es aber natürlich zusätzlich)! Schon allein die Tatsache, dass Personaler bisher wenig Erfahrungswerte zu Frauen in Führungspositionen haben, führt dazu, dass sie einem Mann für diese Stelle mehr zutrauen! Es ist doch sehr nachvollziehbar, dass ein Mann einen männlichen Bewerber als "qualifizierter" ansieht als seine weibliche Konkurrentin, wenn dieser Bewerber dem Bild einer "typischen Führungskraft" entspricht (und die ist nunmal bisher ein MANN!!!). Insofern haben Männer derzeit einen riesigen Vorteil!!

     

    DAS wäre ein Argument für die Quote! Erst wenn Personaler und Chefs mehr Erfahrungen mit guten weiblichen Führungskräften haben, werden sie diese auch erkennen können und mit anderen Bewerbern vergleichen können.

     

    Okay, das war jetzt ein kleiner Exkurs, aber es ist mir wirklich ein Anliegen, das nachvollziehbar zu machen... Ob es gelungen ist, weiß ich nicht....

  • NB
    Nina B.

    Puhh... Ich bin erschrocken, wie harmlos das die meisten meiner Vor-KommentatorInnen sehen.

    Ich kann Margarete Stokowski nur SOWAS von zustimmen. Natürlich ist es ein Meinungsbeitrag - aber ich denke, er trifft ziemlich genau das, was auch ich, und viele andere denken. Diese Ministerin arbeitet den Frauen entgegen! Das ist Frauenfeindlichkeit! Und sie merkt es nicht mal!!!

    Solche Frauen schaden damit nicht nur dem feministischen Anliegen (das übrigens jederfraus und jedermanns Sache sein sollte!!), sondern natürlich auch sich selbst! Das ist so schade, und es macht mich echt wütend!

  • T
    tomislawsusic

    Liebe Margarete Stokowski,

    Geht es nicht etwas sachlicher? Die Familienministerin wird derzeit von allen Seiten angegriffen. Meine Frau und ich wären froh, wenn wir das Betreuungsgeld hätten. Denn ihr Teilzeitjob als Verkäuferin ist so schlecht bezahlt das wir uns keinen Grippenplatz leisten können. Es lohnt dafür nicht, den ganzen Tag von den Kindern weg zu sein dafür. Gerade die Taz sollte für die Wahlfreiheit von Mann und Frau eintreten. Nicht in pampigen Kolumnen unsere Familienministerin niedermachen! Es sei denn man hat eine Nase, die nicht so schön ist wie die von Kristina Schröder.

  • CA
    Captain Ahab

    Warum bloss sind Sie so empört, Froilain?

  • A
    Andreas

    Liebe Margarete,

     

    liest man das Buch von Frau Schröder als Mann durch, versteht man(n) überhaupt nicht, was diese ganze Aufregung überhaupt soll. Leben und leben lassen ist im Prinzip die Botschaft von Frau Schröder und das soll jetzt erzkonservativ und reaktionär sein? Es gibt im Netz zum Glück inzwischen sehr gute Kommentare zu dem Buch und auch die aktuellen Interviews mit Frau Schröder sind sehr lesenswert. Vor allem ist es doch interessant, dass selbst bei den Frauen nur 30 % für eine feste Quote sind und Frau Schröders Vorschlag einer Flexiquote von einer sehr breiten Mehrheit von 61 % unterstützt wird. Auch beim Betreuungsgeld finden die unmittelbar betroffenen Frauen das mehrheitlich gut. Kann es sein, dass die Oberemanzen deshalb so wütend auf Frau Schröder sind, weil sie die deutliche Mehrheit hinter sich hat und das niedergeschrieben hat, was die Mehrheit der Frauen und vor allem auch der Männer denkt? Ist ja auch sehr ärgerlich, dass da eine Ministerin so gar nicht ihr Ministerium als Erfüllungsgehilfin linker Emanzenwahnvorstellungen sieht. Eine Ministerin, die sich eben nicht als Frauen-, sondern als Familienministerin sieht und dazu gehören - oh Wunder - auch Männer und Söhne. Also, ich finde die Frau richtig gut und da ich da nicht der einzige bin, scheint das Dein eigentliches Problem zu sein.

     

    Viele Grüße

     

    Andreas

  • B
    BlaBla

    "bitch". Wie lustig. Bei Kerlen kommt das bestimmt gut an.

  • H
    hunter

    liest man dieser tage die zeitungen so glaubt man, die ganze welt habe sich gegen die schröder verschworen.

     

    was ist denn nun wirklich so verabschungswürdig an ihr? dass sie nicht dafür sorgt, dass eine handvoll damen millionengehälter scheffeln dürfen so wie die bösen vorstandsvorsitzenden, die sie doch partout ohne quote nicht neben sich dulden wollen? ist es das?

     

    oder ist es das betreuungsgeld? der hunni für die mamies, die zuhause bleiben (warum auch immer, wen interessiert das schon?), macht doch den bock wirklich nicht fett. muss man da gleich so abgehen? ich versteh´s nicht.

  • H
    hunter

    ich begreife gar nicht die geradezu hysterische emphase unserer wutbürgerinnen, die momentan in zeitungen und zeitschriten jeglicher coleur (sogar Bild! schimpft) gegen die schröder losbricht.

     

    wahrscheinlich muss man frau sein und irgendwie im moment nicht besonders zufrieden mit sich und der welt, um sich so gegen diese kleine, drollige ministeranfängerin zu verausgaben.

     

    oder leiden jetzt alle schreibenden frauen des landes wirklich solch fürchterliche qualen wegen der handvoll damen, die auch gerne millionen abfindungen erhalten möchten, sie aber nur wegen der bösen schröder, die doch partout keine fixe quote will, nicht bekommen?

     

    wer hilft?

  • DO
    dena odena

    danke fuer diesen interessanten meinungsbeitrag, aber findest du nicht auch dass so wohlfuehlbereiche fuer frauen manchmal ganz schoen angenehm sind? maybe it's just me, aber ich denke da gerade an das tuerkische hammam der schokofabrik in kreuzberg und wuensche mir auch fuer die zukunft, dass das hammam ein ort speziell fuer frauen bleibt. ansonsten, stimme ich jedoch mit dir ueberein, margarete, die schroeder perpetuiert da 'ne verkorkste version der geschlechtergerechtigkeit, eine version, die nicht wirklich ins 21ste jahrhundert gehoeren sollte.

  • SL
    Sexy Luder Natascha

    Liebe Margarete,

     

    ich kann dir einen Textmarker mit externem Tank bauen, der würde bestimmt ausreichen!