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Kolumnen

Luft und Liebe To-do-Liste für das liebe Gott

Komm klar, Gott, und kümmer dich um die Kinderficker, Lügner und Frauenquäler in deiner Kirche. Und nicht um die Sextipps in der „Neon“.

Leute, die „Wohnzimmergarnitur“ sagen, bedanken sich auch per Handschlag für den angenehmen Beischlaf. Bild: unseen/photocase.com

L ieber Gott, check mal bitte deine Schäfchen! Ich rede zwar nicht gern mit Leuten, von denen ich nicht weiß, ob sie mir zuhören, aber ich muss jetzt kurz mal beten, bevor ich meine Kolumne anfange.

Komm klar, Gott, und kümmer dich um die Kinderficker, Lügner und Frauenquäler in deiner Kirche. Mögen sie alle klarkommen. Sie verweigern die Aufklärung von sexualisierter Gewalt in ihren eigenen Einrichtungen, und sie weisen eine vermutlich unter K.-o.-Tropfen vergewaltigte Frau im Krankenhaus ab. Hallo, Gott? Allmächtiger, Allgütiger und so? „Das liebe Gott“? Bring mal bitte deine Leute in Ordnung, ich kann nicht alles selber machen. Danke <3. Deine Margarete.

Okay, also, was ich eigentlich erzählen wollte: Letzte Woche hab ich mir nach langer Zeit mal wieder die Neon gekauft. Manchmal, wenn ich eine Kolumne schreibe, sagen die Leute hinterher zu mir: Geh doch zur Neon. Das ist, dem Tonfall nach, meistens nicht nett gemeint. Vielleicht wünschen sie mir aber auch einfach nur, dass ich mal irgendwo ein bisschen mehr Zeilengeld kriege als bei der taz.

Titelthema der neuesten Neon-Ausgabe ist jedenfalls: „Sex – Jetzt mal ehrlich!“, und ich so: zack, gekauft.

Nachdem ich das Heft gelesen hab, denke ich, die Leute können eigentlich nur die Sache mit dem Honorar meinen, wenn sie mich zur Neon schicken wollen. Denn in Sexfragen liegen die Neon und ich so weit auseinander wie Maria und Josef.

Sex-Tipps aus den 50ern

Zuerst dachte ich, der Kioskverkäufer hätte mir ein Heft aus den 50er Jahren untergejubelt. Der Sex-Schwerpunkt bestand aus lauter Sextipps, so in Richtung „Gleitgel existiert“ und „Sexspielzeug ist okay“ und „Reden hilft!“ Oh. So schlimm? Muss man das Leuten noch sagen?

Die Tipps waren eingeteilt in „Was Männer wollen“ und „Was Frauen wollen“. Süß, oder? Auch so Fifties-Style. Und dann ging es nur um Heterosex, außer in einem Tipp, da hieß es: „Gleichgeschlechtlich knutschen! Im besten Fall macht es Spaß. Im schlechtesten Fall lernt man etwas über geschlechtsspezifische Kussmethoden und kann so die eigene Technik verbessern.“ Ach. Stehen in der Neon nicht auch Kontaktanzeigen von Leuten, die queer sind? Suchen die nur Knutschpartner, um am Ende so richtig mit ihren HeterofreundInnen rumzumachen?

Nächster Rat: „Wer seinen Partner zu Hause immer in Schlabberklamotten antrifft, hält ihn zwangsläufig für einen Teil der Wohnzimmergarnitur. Und wer besorgt es schon gerne einem Sofa?“ Leute, die „Wohnzimmergarnitur“ sagen, bedanken sich auch per Handschlag für den angenehmen Beischlaf.

Oder, Tipp von (angeblicher) Frauenseite: „Männer, Sex macht uns (fast) immer Spaß. Wir sind nur manchmal einfach zu faul anzufangen.“ Ach, Moment – Gott, liest du noch mit? Der letzte kam von dir, oder? Hast du ja mit Maria auch so gemacht. Einfach voll reingehauen, von wegen „Was soll die Schlampe schon sagen, ey, ich bin Gott und so“. Alter Charmeur. Und jetzt denkst du, was vor 2.000 Jahren funktioniert hat, müsste heute auch gehen.

Ach, Gott, statt Sextipps für die Neon zu schreiben, na ja, wie gesagt: Anderes wäre gerade wichtiger.