Kolumne Kulturbeutel: Guter Scheich, böser Scheich

Scheich Ahmad al-Fahad al-Ahmed al-Sabah ist ein reicher Mann. Seinen Freund Thomas Bach soll er ins Amt des IOC-Präsidenten gehievt haben.

Seine Leibgarde wird Thomas Bach schon gegen übergriffige Scheichs schützen. Bild: dpa

Scheich Hadschi Mohammed Emin Ben Abdul Mutaher es Seim Ibn Abu Merwem Baschar esch Schohanah ist ein aufgeklärter Araberführer. Er regiert über den Stamm der Haddedihn. Mohammed Emin ist ein gastfreundlicher Herr, der den abenteuerlustigen Deutschen, der ihn eines Tages aufsucht, fürstlich bewirtet und nichts dagegen hat, dass dieser seine Frauen – drei an der Zahl – unverschleiert zu Gesicht bekommt.

Er lässt dies zu, weil der Gast Wasser vom Brunnen Zem-Zem in Mekka bei sich hat. Und so darf der deutsche Mann ins Frauenzelt und die Gemahlinnen des Scheichs mit ein paar Tropfen des heiligen Wässerchens bespritzen. Der Scheich vertraut dem Deutschen und der Deutsche dem Mann, dessen „schneeweißer Bart ihm bis über die Brust hinab hing“. Der „Mohammedaner“ vertraut dem Christen sogar sein bestes Pferd an, damit dieser einem anderen Stamm eine Botschaft übermitteln kann.

Mohammed Emin, ist, so wie ihn Karl May in „Durch die Wüste“ beschreibt, ein guter Araberführer – ganz anders als sein Sohn Amad el Ghandur, der in einen wahren Blutrausch verfällt, nachdem sein Vater im Kampf mit wilden Kurden vom Stamme der Bebbeh gefallen ist. El Ghandur ist ein unheimlicher Scheich, einer schwieriger Typ, einer, den auch Orientfreund Kara Ben Nemsi nicht so recht einschätzen kann – ein Araber eben.

Viele Scheichs sind wahre Bösewichte bei Karl May; Scheich Ahmed Azad zum Beispiel, der Führer der bösen Bebbeh-Kurden, der eine Kugel auf Kara Ben Nemsi abfeuert, die zwar ihr Ziel verfehlt, aber dafür Rih tödlich trifft, jenes Pferd, das der gute Scheich Mohammed Emin dem Deutschen einst geschenkt hatte. Guter Scheich, böser Scheich – Karl May macht es uns nicht leicht mit den rätselhaften Führern aus dem Morgenland.

Olympische Spiele am Golf?

Ein rätselhafter Mann ist auch Scheich Ahmad al-Fahad al-Ahmed al-Sabah. Der Mann aus dem Herrschergeschlecht des Emirats Kuwait, dessen gewelltes schwarzes Haupthaar ihm bis auf die Schultern herabhängt, ist ein sportbegeisterter Mann. Seinen deutschen Freund Thomas Bach soll der reiche Mann ins Amt des IOC-Präsidenten gehievt haben.

Unheimlich ist das vielen, weil niemand so recht weiß, welche Gegenleistung der Scheich sich nun erwartet. Verfügte Bach über ein Fläschchen mit Wasser vom Brunnen Zem-Zem, er wäre gewiss bereit, ein paar Tropfen davon über die Frauen von Ahmad al-Sabah – so dieser welche hat – zu träufeln. Ob diesem das genug wäre oder ob er noch viel mehr will, Olympische Spiele am Golf etwa – niemand weiß es so ganz genau.

Der Scheich, er ist ein Rätsel und aus diesem Grunde irgendwie so unheimlich, dass wir in unseren scheichlosen Breiten bisweilen nicht einmal wagen, den Namen des Fremden aus dem Morgenland auch nur auszusprechen. Voller Furcht und Ehrfurcht sprechen wir dann nur noch vom „Scheich“.

„Die Scheichs“

So wie wir nur „die Scheichs“ sagen, wenn wir über die Araber sprechen, welche die Fußballweltmeisterschaft 2022 nach Katar geholt haben. Sie sind ebenso namenlos wie die Scheichs, die dem Fußballklub Paris Saint-Germain einen teuren Kicker nach dem anderen kaufen, oder die Scheichs, die es dem FC Barcelona ermöglichen, Lionel Messi ein Jahresgehalt zu zahlen, das höher ist als der Etat der meisten Zweitligisten in Deutschland.

Und Fans des TSV 1860 München sprechen – auch weil ihnen schleierhaft ist, wie man auf die Idee kommen kann, in diesen Chaosklub zu investieren – einfach nur vom Scheich, wenn von Hasan Ismaik die Rede ist. Dass der gar kein Scheich ist, sondern ein Geschäftsmann aus Jordanien, ist dann egal. Wer den rätselhaften Herrn mit Wohnsitz Abu Dhabi nicht wirklich versteht, macht ihn mal eben quasi ehrenhalber zu Scheich Hasan Abdullah Mohamed Ismaik.

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