Kolumne Kriegsreporterin: Ich tanze mit Albert "Douze Points"
Zu Gast beim Zirkusfestival der Grimaldis. Bauer macht eine eigene Akademie auf und Focus-Herausgeber Helmut Markwort bemerkt eine Boulevardisierung überall.
H allo, taz-Medienredaktion, entgegen meiner sonstigen Vorgehensweise muss ich mich heute mal selbst in das Meldungslicht stellen. Denn: Ich bin Gold wert.
Man mag es nicht glauben, wenn man mich so sieht, mit diesem schreddeligen Blech auf dem Kopf, ausgeliehen vom NDR, aber es ist so, ich weiß Dinge, da würden die Bauer-Redakteusen ihren letzten Schlüpfer für geben. Um es im Giftschrank verschwinden zu lassen. Deshalb lasse ich nun alle teilhaben an dem, was ich bei meinem Aufenthalt im Fürstenreich der Grimaldis beobachtet habe. Denn ich war beim Zirkusfestival ganz nah dran an Stéphanie, Albert und der neuen Grace Kelly.
Wir fangen mit dem Entscheidenden an: Prinzessin Stéphanie sieht aus wie ein alter Wildlederschuh. Oder wie jemand, die 25 Jahre in Krefeld hinterm Tresen gearbeitet hat. Total verlebt. Und wenn ich total sage, dann meine ich total. Und: sie kaut Fingernägel. Ununterbrochen. Wenn sie nicht Nägel kaut, streicht sie sich durch die Haare. Zwar hat sie mehr Haare als Finger, dennoch kommt das Haarstreichen nur an zweiter Stelle. Man sieht ihr zu und denkt, die hat 'n Hau.
SILKE BURMESTER berichtet für die taz von der Medienfront.
Und nun Albert. Ein Mann, der nie irgendwo auffallen würde. Daneben Charlene. Die Südafrikanerin, die er im Sommer ehelichen wird. Eine Frau, von der Natur gänzlich ohne Mimik in die Welt geschickt. Egal, ob der Clown im Schwungrad läuft, Kinder tanzen oder Elefanten sich drehen. Die Frau verzieht keine Miene. Da hätte Albert auch Marietta Slomka nehmen können. Und Charlene spricht nicht. Jedenfalls nicht mit Albert.
Das Verlobungspaar saß die vier Stunden dauernde Vorstellung quasi dialogfrei nebeneinander. Und für ein Liebespaar erstaunlich frei von Berührung. Na, egal, Hauptsache der Nachwuchs liegt bald auf dem Tisch.
Nochmal zu Bauer. Auch dieser Verlag macht jetzt eine Ausbildungsakademie auf und da gilt es, einmal das Taschentuch zu schwingen und voll Mitgefühl den Volontären zuzuwinken. Die, nachdem sie bislang ihren Volo-Kurs in der Akademie für Publizistik in Hamburg absolvierten durften, nun nicht einmal mehr die Chance haben, normalen, echten Journalismus kennen zu lernen.
Womit ich unglaublich elegant überleite, zu einem anderem Verlagshaus, das sich gleichfalls als Bastion des Boulevards einen Namen gemacht hat. Dem Burda-Verlag. Dessen Ihr-werdet-mich-nie-mehr-los-Helmut-Markwort sagte im Rahmen des "Sparkassen Forums" der Hersfelder Zeitung in einem Interview: "Ich registriere eine Boulevardisierung aller Themen, ein verzweifeltes Hinterherrennen hinter Lesern und Zuschauern, die sich nicht mehr für Politik interessieren."
Dies ist insbesondere bemerkenswert, da diese Entwicklung nicht zuletzt Markwort und seinem 1993 ins Rennen geschicktem Focus zu verdanken ist, der eine bis dahin unbekannte Leichtigkeit in der Behandlung ernster Themen etablierte. Und dessen Erfolg die anderen Magazinmacher animierte, gleichfalls mehr Bunt zu wagen.
Immerhin aber hat sich wohl auch das erledigt, Focus ist kurz vor tot. Auch, wenn seine jetzigen Macher so tun, als würden sie die 400.000 am Kiosk zum Schleuderpreis von einem Euro verkauften Hefte als Zuspruch für das neue inhaltliche Konzept werten.
Weniger Zuspruch erhält aktuell der NDR. Er möchte für die vielen Aufgaben beim Grand Prix Freiwillige unbezahlt einsetzen. Also ich als Gebührenzahlerin finde das Modell super. Und biete mich auch gleich an. Gern würde ich an den Wahlabenden die Prognosen eurythmisch - sagt man so? - darstellen. Schon mal die Tücher suchend, zurück nach Berlin!
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