Kolumne Kriegsreporterin: Polonaise mit 300 Testosteron-Bullen
Montag wurden in der Hauptstadt die "Journalisten des Jahres" ausgezeichnet und ich war dabei - als Auszuzeichnende.
H allo, taz-medienredaktion! Uh-la-la-la - Discodancing! Ja, liebe Lesende, meine Laune ist her-vor-ragend, an diesem Morgen, an dem ich mit der Deutschen Bahn durch die Lande rausche. Denn im Gepäck trage ich die Urkunde des Triumphes! Montag wurden in der Hauptstadt die "Journalisten des Jahres" ausgezeichnet und ich war dabei! Nein, nicht als freie Randerscheinung, die sich am Buffet die Backen vollstopft, sondern als Auszuzeichnende. Womit ich nun ausgezeichnet bin. Was sich ziemlich toll anfühlt, um nicht zu sagen: himmlisch.
Auf Platz 3 in der Kategorie "Kultur" bin ich gelandet, hinter Frank Schirrmacher und Dieter Moor, was für sich genommen schon der Hammer ist - so tolle Männer und dann ich! Also habe ich mich in meine Ausgehuniform geworfen und als eine von fünf Frauen unter dreißig auszuzeichnenden Einzelpersonen meine Ehrung abgeholt. Dummerweise war Dieter Moor nicht da, und so mussten Frank Schirrmacher und ich allein nach vorn und fürs Foto posieren. Das arme Schirrmchen …
Überhaupt: Frauen. Man wundert sich, dass sie so wenig ausgezeichnet werden. Liegt wohl daran, dass wir nicht so gut schreiben können. Und auch die Recherche ist ja, ehrlich gesagt, nicht so unser Ding. Da brechen regelmäßig die Fingernägel ab. Kein Wunder also, dass die meisten Frauen sich in so Refugien wie "Frauenzeitschriften" flüchten, da können sie dann über Tischdekoration und aufgegebene Lebensträume schreiben.
SILKE BURMESTER berichtet für die taz von der Medienfront.
Auch ich mache letztendlich nichts anderes, und auch ich bin nur so gut, wie man mich sein lässt. In diesem Sinne möchte ich mich einmal ganz herzlich bei diesem Organ, der taz, und den mich betreuenden Redakteuren, allen voran David Denk, bedanken, die es mir ohne Vorbehalte und Einschränkungen ermöglichen, dass es unter dem Helm mitunter recht heiß hergeht. Und auch meine Leser sind die Wucht, vor allem all jene, die mich mit Zurufen von der Seitenlinie anfeuern. Da die in der Regel männlich sind, habe ich gestern Abend meinen Quotengroll ad acta gelegt, um in ihrem Sinne das Beste aus dem Herrenabend zu machen und die Kollegen in einer Polonaise durch den Saal geführt. Und weil ich dafür ihre Nasen am Resthaar ihrer Vordermänner festbinden musste, ist es dann doch ein recht lustiger Abend geworden.
Apropos Einbinden. Beim Spiegel scheint man bemerkt zu haben, dass es etwas peinlich ist, ständig das Thema der Benachteiligung von Frauen im Beruf auf den Titel zu drucken und sich selbst einen Dreck darum zu scheren. Bzw. es zum Prinzip gemacht zu haben, dass die Redaktion aus "300 vorwiegend testosterongesteuerten Bullen" besteht, wie Matthias Matussek sagt, wo nach dem Friss-oder-stirb-Prinzip eben nur die härtesten Weiber im Spiegel-Garten ackern können. Denn Journalismus ist laut Matussek "nichts für Zimperlieschen".
Und nun überlegt man, wie man nicht vielleicht, alsbald, nach noch mal gucken, aber nicht, ohne zu prüfen, mehr Frauen in die Führungspositionen bekommt. Momentan sind 2 von 32 Ressortleitern weiblich. Sicherlich wird man eine Art Bootcamp einrichten müssen, um zu testen, welche Frau 300 testosteron-, also schwanzgesteuerten, weil hirnausgestellten, Bullen gewachsen ist. Die Auswahlprozedur könnte "cholerische Anfälle in Fahrstühlen überstehen" beinhalten, ebenso wie den "Chauvi-Sprüche-Test". Vielleicht aber kommen die Chefredakteure, die dieser Tage über einer Lösung brüten, auch auf einen ganz anderen Dreh und stellen einfach mal Männer ein, die nicht denken, sie seien ein Rind. Noch immer berauscht zurück nach Berlin!
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